Menschen in Meerbusch Osterather pilgert nach Santiago de Compostela
Osterath · Andreas Blauth, 22, hat seine Ukulele auf den Jakobsweg mitgenommen. Er ist allein gestartet, übernachtete in der freien Natur oder in Herbergen. Viele Begegnungen beschäftigen ihn bis heute – und ein besonderer Satz.
Rund einen Monat war Andreas Blauth unterwegs. 760 Kilometer hat er in diesem Zeitraum zu Fuß zurückgelegt. Und er hat davon immer noch nicht genug. „Ich reise gern unkonventionell und fände es reizvoll, um die ganze Welt zu laufen“, lautet das kurze Resümee des 22-jährigen Osterathers. In diesem Sommer war Santiago de Compostela sein Ziel. Was er dabei erlebte und fühlte, beschäftigt den Design-Kommunikation-Studenten der Folkwangschule Essen sehr: „Bei der Ankunft am Ziel fallen sich viele Pilger um den Hals. Ich fühlte mich trotz der vielen Kontakte irgendwie leer – es war geschafft.“
Anstoß für die Pilgerreise in den Semesterferien war der Hape Kerkeling-Film „Ich bin dann mal weg“ und auch das Buch von Paulo Coelho, das sich mit dem Jakobsweg beschäftigt: „Außerdem war die Umsetzung dieses Abenteuers schon immer in meinem Hinterkopf und stand auf meiner To-Do-Liste.“ Als er schließlich allein los ging, mit dem günstigen Fernbus bis Saint-Jean-Piet-de-Port an der französisch-spanischen Grenze und dort auf dem Camino Francés Richtung Ziel, war Andreas bestens vorbereitet. Mit knapp zehn Kilo Gepäck – empfohlen wird zehn Prozent vom Körpergewicht plus zwei Kilo – hatte er schwer zu tragen: „Ich habe meine Ukulele mitgenommen. Und das war eine gute Entscheidung – viele der Pilger fanden das cool.“
Manchmal gab’s unterwegs
Obst von einem Hippie
Schließlich wurde oft im Freien, in der Natur übernachtet: „Ich hielt mich an meine Strategie, nichts zu planen.“ Herbergen gibt es auf den vielen Wegen, die sich wie ein Netz durch die Landschaften ziehen, genug. Sie sind manchmal schlicht und manchmal komfortabler ausgerüstet. Geschlafen wird in großen Sälen, Wäsche gewaschen auch mal an einem Bach oder unter der Dusche. Unterwegs hat sich Andreas Brot und Belag im Supermarkt gekauft, Wasser gabs oft aus Brunnen, „aber manchmal musste ich das auch teuer kaufen. Viel trinken ist wichtig.“
Außer den Kosten für die Busanreise und Rückfahrt per Mitfahrgelegenheit hat er 650 Euro ausgegeben. Manchmal gab’s unterwegs auch Obst von einem Hippie. Beim Austausch mit ihm über diese Lebensart ohne feste Arbeit bekam Andreas spärliche Antworten: „Aber sie haben mich zum Nachdenken gebracht.“ Der ins Deutsche übersetzte Satz „Vergangenheit und Zukunft sind Früchte deines Geistes“ wird ihn begleiten. Und das werden die Erinnerungen an die Gespräche mit den Pilgern aus vielen Ländern Europas und auch aus Asien oder den USA ebenfalls tun: „Einige der aus allen Generationen stammenden Pilger trifft man immer wieder und den einen oder anderen Kontakt werde ich auch weiter pflegen.“
Auf dem Weg über Santiago de Compostela hinaus zum Kilometerstein Null am Kap Finisterre – „am Ende der Welt“ – empfand Andreas den Unterschied in der Behandlung zu Touristen: „Als Pilger fühlt man sich willkommen geheißen.“ Und noch eine Erfahrung hat er gemacht: „Die Zeiten, in denen ich mangels Steckdose in der freien Natur ohne Smartphone unterwegs war, waren viel intensiver, die Realität wird deutlicher.“ Trotzdem – die Eltern in Osterath waren dankbar für die ab und zu verschickten Kurznachrichten. Andreas hat die täglichen Wegstrecken von rund 30 Kilometern ohne Verletzungen überstanden: „Über die Blasen an den Füßen allerdings habe ich mich ziemlich geärgert. Doch da kommt niemand drumherum. Und ans Aufhören habe ich sowieso nie gedacht.“ Sein Fazit fällt positiv aus: „Ich bin ohne Erwartungen gestartet und froh, den Weg als junger Menschen gegangen zu sein und die neue Freiheit nach den Corona-Einschränkungen für mich wieder entdeckt zu haben. Das hat meinem Selbstbewusstsein gutgetan, ich habe Dinge erlebt, die mich entspannter gemacht haben. Gefallen hat mir auch der Aufenthalt in der Natur und das Wandern durch die Landschaft ohne jeden Zeitdruck.“
Obwohl der Respekt vor der Distanz gewachsen ist, möchte er diesen Weg noch einmal gehen: „Vielleicht ohne Handy.“ Schließlich ist Andreas von Anfang an mit Abenteuern vertraut: Er ist an einem Freitag, dem 13., in einem Krankenwagen auf dem Weg in die Klinik zur Welt gekommen.