Berufung: Elffache Mutter muss doch nicht ins Gefängnis

Gericht: Die Berufungskammer hebt das Urteil des Neusser Amtsgerichts auf.

Neuss/Düsseldorf. Ein Jahr lang hat Silvia Wollny gekämpft. "Gekämpft für Gerechtigkeit", wie die 41-Jährige selber sagt. Denn die Mutter von elf Kindern muss nicht ins Gefängnis. Eine Berufungskammer des Landgerichts hob gestern ein Urteil des Amtsgerichts Neuss auf und verhängte stattdessen eine Geldstrafe von 375 Euro. Tränen der Erleichterung liefen Silvia Wollny nach der Urteilsverkündung über das Gesicht.

Die Vorgeschichte: Weil sie ihren Sohn (17) im Frühjahr vergangenen Jahres zu einer Falschaussage angestiftet haben soll, drohten der 41-Jährigen sechs Monate Gefängnis. Ihre Berufung gegen das Urteil vom Amtsgericht Neuss sei angeblich nie bei Gericht angekommen, hieß es. Monatelang zuckte sie bei jedem Klingeln an der Haustür zusammen: Es hätte die Polizei sein können, um die 41-Jährige zum Gefängnis zu bringen. Erst ein Gnadengesuch der Staatsanwaltschaft sorgte dafür, dass das Berufungsverfahren doch noch vor dem Landgericht anberaumt wurde.

Als der Amtsrichter in Neuss im vergangenen Oktober das Urteil verkündet hatte, brach für die elffache Mutter eine Welt zusammen. Denn: "Die Mutterrolle ist für mich ein 24-Stunden-Job", sagt sie. Ihre jüngste Tochter ist gerade mal drei Jahre alt. Gemeinsam lebt die Großfamilie in einem Haus an der Körner Straße.

Silvia Wollny bezeichnet sich als glücklich. "Auch wenn es manchmal im Alltagschaos schwierig wird und ich zehnmal am Tag nicht mehr weiß, wie es weitergehen soll. Dafür gibt es aber 50 Glücksmomente, das ist es wert." Zu ihrem geschiedenen Ehemann hat die alleinerziehende Mutter weiterhin guten Kontakt.

Doch wie kam es überhaupt zu der Anklage wegen falscher Verdächtigung? Ihr Sohn und sein Kumpel hätten in einem Internet-Café zwei Jungen belauscht, die sich mit dem Diebstahl von zwei Motorrollern gebrüstet haben sollen. Silvia Wollny riet den 17-Jährigen, die Sache anzuzeigen. "Ich wollte doch nicht, dass alle denken, mein Junge hätte etwas mit dem Diebstahl zu tun." Die Folge: Die angeblichen Diebe wurden festgenommen. Wenig später gestand jedoch ein anderer die Tat.

Der Vorsitzende Richter zeigte Verständnis für die Lage der Frau. "Das Urteil in erster Instanz war zu streng." Das Verfahren habe die 41-Jährige sichtlich beeindruckt. Eine Geldstrafe sei durchaus angemessen.