Clemens-Sels-Museum: So tafelte Neuss vor 2000 Jahren
Am Obertor öffnet Freitag die Ausstellung „Grenzenlose Gaumenfreuden“.
Neuss. Neuss vor 2000 Jahren: Römische Soldaten leben am Niederrhein. Riechen können die einheimischen Ubier die Fremden schon von weitem. Die Zugezogenen müssen Unmengen Knoblauch vertilgt haben - das jedenfalls legen historische Funde nahe. "Wer damals gut roch, war kein kerniger Typ", berichtet Historiker und Archäologe Carl Pause.
Wie die Römer die Essgewohnheiten links des Rheins revolutionierten, zeigt jetzt eine Ausstellung im Clemens-Sels-Museum. Dass diese überhaupt möglich ist, hat die Stadt auch dem Hobby-Wissenschaftler Karl-Heinz Knörzer zu verdanken. Der nämlich hatte unter anderem nach Ausgrabungen und Bauarbeiten in Gnadental Erdproben untersucht und dem Museum einen großen Fundus an Pflanzenresten überlassen.
So lagern jetzt unter anderem klitzekleine Reiskörner oder Olivenkerne aus der damaligen Zeit in den Vitrinen. Die Reiskörner, wen wundert’s bei der Größe, sind der älteste Nachweis für das Vorkommen des Getreides nördlich der Alpen.
Die Ausstellung zeugt davon, dass die Römer echte Gourmets waren und die Küche in der Region innerhalb von zehn Jahren komplett auf den Kopf stellten.
Olivenöl oder Fischsoße importierten sie schon damals aus Italien oder Spanien in die Region - in Amphoren, mit Teer luftdicht verschlossen. Auch die Behältnisse zeigt das Museum. "Jede Form deutet auf ein anderes Lebensmittel", erklärt Pause.
Was in keiner Küche habe fehlen dürfen, sei die Soße aus fermentierten Fischschwänzen. "Sozusagen das Maggi der damaligen Zeit." Einige Tropfen hat Pause in ein Gefäß aus Ton gefüllt und mit einem Korken verschlossen: Nur eine der zahlreichen Riechproben, welche die Ausstellung - die übrigens in Kooperation mit dem Labor für Archäobotanik der Kölner Universität entstanden ist - bereithält.
Die Römer ersetzten nicht nur die sauren, kleinen Äpfel in der Region durch schwergewichtigeres Obst. Sie brachten auch eine neue Esskultur mit in die Region. Davon zeugen jene Exponate, in denen die Römer damals das Essen servierten: Glaskaraffen, mit Löwenköpfen verzierte Teller, gemusterte Schüsseln.
Eines der Highlights der Ausstellung ist für Pause eine Schüssel, die aus verschieden farbigem Glas gearbeitet ist. Mosaikaugenrippenschale nennt sich das gute Stück, ein Neusser Fund, den das Museum in den 50er Jahren erwarb. "Bis heute wissen wir nicht genau, wie das Glas verarbeitet wurde. Die Herstellung ist schwierig."
An der Ausstellung beteiligen sich auch Schülerinnen des Gymnasiums Marienberg. Sie haben historische Szenen mit selbstgebastelten Miniaturen nachempfunden - und stellen die Besucher vor ein Rätsel. Nicht alle der gezeigten Lebensmittel auf dem Tisch gab es vor 2000 Jahren tatsächlich. Pause hat die Fehler entdeckt: "Aber ich musste selbst ein wenig suchen."