Die Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge ist groß in Neuss
Viele Bürger möchten sich engagieren oder spenden. Die Hilfe muss nun gut koordiniert werden.
Neuss. „Neuss — neues Zuhause für Kriegsflüchtlinge und Asylbewerber“: Der Titel der neuen Internetseite im sozialen Netzwerk Facebook nimmt das angestrebte Ziel vorweg. Die Quirinusstadt soll den in wachsender Zahl erwarteten Flüchtlingen eine Heimat werden. Das zu erreichen, sagt Thomas Kaumanns als Initiator dieser Seite, kann nicht alleine Sache der Verwaltung und der professionellen Sozialverbände sein, an die diese Arbeit delegiert wird. Die Bürgerschaft sei gefordert. 220 Neusser schlossen sich seiner Internetgruppe an. Das ist nur ein Teil derer, die sich engagieren (wollen).
Stefan Hahn, Sozialdezernent
„Wir versuchen derzeit, die Fäden in der Hand zu behalten“, gibt Sozialdezernent Stefan Hahn zu. Für ihn ist die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen seit Wochen Thema Nummer eins. Inzwischen bekommt er täglich Anfragen, Hilfsangebote oder Nachricht von Initiativen, die in die gleiche Richtung zielen, aber manchmal gestartet wurden, ohne vorher mit der Stadt abgesprochen zu sein. „Wir müssen koordiniert vorgehen“, sagt Hahn, „müssen die Hilfe strukturieren.“
Ein Weg, um das zu erreichen, ist eine Liste möglicher Sachspenden und vor allem möglicher ehrenamtlicher Tätigkeiten, die Dirk Witte aufgestellt hat und die bei ihm im Integrationsbüro der Stadt abgerufen werden kann. „Ich bin ganz begeistert davon, wie die Neusser teilnehmen“, sagt Witte. Er spricht von einem „Riesenpool von Ehrenamtlern“, der täglich größer wird. So groß, dass schon nach jemandem gesucht werden muss, der die Ehrenamtler koordiniert. Ein Punkt dabei: die hilfsbereiten Neusser bei der Stange halten, bis sie benötigt werden. Denn die 27 identifizierten Standorte werden nur nach und nach benötigt und hergerichtet.
Geplant ist, so Sozialdezernent Hahn, diese Offerten ortsteilbezogen für die jeweilige Einrichtung abzurufen. Deshalb wird zeitnah ein Termin mit den Wohlfahrtsverbänden stattfinden, bei dem das Stadtgebiet für diese Aufgabenstellung neu eingeteilt werden soll. Als Koordinationsgremium denkt Hahn an „viele kleine runde Tische“. In Weckhoven oder Erfttal gebe es schon solche Strukturen, sagt Hahn, in Selikum zum Beispiel müssten sie erst aufgebaut werden.
Die Hilfsbereitschaft geht aber schon über einzelne Bürger hinaus, Die Firma Toshiba zum Beispiel hat Geld gespendet, damit Flüchtlingskinder an Ferienmaßnahmen der Stadt teilnehmen können. „Nachahmer werden gerne gesehen“, sagt Hahn — und die sind auch in Sicht. Hahn ist aber auch mit Sportvereinen sowie den Kirchen im Gespräch, die — wie aktuell im Seelsorgebereich Neuss-Mitte — von sich aus Sachspenden sammeln und mehr tun wollen. Oder mit einem Lions-Club, der die Einrichtung der ersten Unterkünfte mit einer Möbelspende unterstützen will.
Der Integrationsrat ist seinerseits aktiv geworden und hat zu einer Gesprächsrunde eingeladen. „Politik und Verwaltung brauchen unsere Unterstützung“, sagt der Vorsitzende Ozan Erdogan und fügt selbstbewusst hinzu: „Wir sind ein Fachgremium. Wer uns nicht mit ins Boot holt, darf sich nicht wundern, wenn die Sache in die Hose geht.“