Dormagen: Haushalt - „Die Trägervielfalt wird nicht erhalten bleiben“
Vertreter der Wohlfahrtsverbände kritisieren die Sparvorschläge im Jugendetat.
Dormagen. Die Worte aus dem Koalitionsvertrag von CDU, FDP und Grüne sind eindeutig: "Wir stehen für die qualitative Aufwertung der offenen Ganztagsgrundschule als Bildungseinrichtung. (...) Die Entwicklung zur Ganztagsschule in allen Schulformen ist zu fördern", heißt es da. Dem steht der Haushaltsplanentwurf 2010/2011 der Verwaltung konträr entgegen.
Kämmerer Ulrich Cyprian kündigt an, dass der Eigenanteil der Stadt zur Qualitätssicherung der offenen Ganztagsschule nicht wie geplant auf 568000 Euro erhöht werden soll. Auch in anderen Positionen der Jugendhilfe will der Kämmerer sparen.
"Es handelt sich um Bereiche, in denen wir in den vergangenen Jahren gerade bei den freiwilligen Leistungen sehr viel gefördert haben. An diesen Stellen müssen wir jetzt ansetzen", begründet Cyprian seine Forderung.
Das stößt vor allem bei den Vertretern der Wohlfahrtsverbände auf Ablehnung. "Wir sehen, dass die Einnahmen der Städte sinken und die Ausgaben steigen. Natürlich muss gespart werden, aber nicht nach dem Rasenmäherprinzip", sagt Norbert Kallen, Direktor der Caritas im Rhein-Kreis Neuss: "Doch nicht nach dem Motto 20Prozent auf alles!"
Im Fall der für die Ganztagsschulen sieht er sogar die Gefahr des Ausstiegs einiger Schulen aus dem Konzept. "Sollten die Kürzungen ausfallen wie angekündigt, wird die Trägervielfalt der offenen Ganztagsschulen nicht mehr aufrechterhalten werden können", so Kallen.
Gemeinsam mit Bernd Gellrich, Vorstand des Diakonischen Werks im Rhein-Kreis Neuss, kritisiert er den Alleingang der Verwaltung. "Es gab keine Gespräche mit uns im Vorfeld. Die Begründungen für die geplanten Kürzungen sind für uns nicht nachvollziehbar", so Kallen. Einsparmöglichkeiten seien vorhanden, wo und in welchem Maß, darüber müsse man sprechen.
Ein anderer Punkt, der aus Sicht von Gellrich und Kallen offenbar von der Verwaltung missachtet wurde, sind die Dritt- und Eigenmittel, die von den freien Trägern eingebracht werden. Würden die Zuschüsse an die Träger gestrichen und führe die Stadt die Arbeiten selbst fort, gingen diese Mittel verloren.
Kallen und Gellrich fordern von der Verwaltung, dass sie Prioritäten setzt, wo und wie gespart werden soll. Dafür verweisen sie auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts.
Dort wurde 2009 einem Träger Recht gegeben, der eine Stadt verklagt hatte, nachdem diese die Fördermittel für alle Träger linear gekürzt hatte. Eine Stadt müsse in diesem Bereich prüfen und abwägen.
Die Parteien werden am Wochenende vermutlich genau das tun - prüfen und abwägen. Sowohl die Fraktionen der Jamaika-Koalition als auch die SPD beraten den Etatentwurf. Inwieweit dabei Wahlprogramm und Koalitionsvereinbarung berücksichtigt werden, ist abzuwarten.