Verschärfte Sicherheitsmaßnahmen Droht Absage der Karnevalsumzüge?
Neuss · Nach dem Anschlag in Magdeburg gelten auch in der närrischen Zeit erhöhte Sicherheitsauflagen. In Neukirchen-Vluyn führten die neuen Auflagen und der damit verbundene Aufwand sowie die Kosten zu einer Absage des Karnevalsumzugs. Wie die Veranstalter in Neuss darauf reagieren.
Für viele Karnevalisten ist es der Höhepunkt der Session: der Umzug. Bunt verkleidet ziehen die Jecken durch die Straßen und präsentieren ihre monatelange Arbeit an den Fest- und Prunkwagen, während die kleinen Karnevalisten fleißig Kamelle sammeln. Doch die Vorfreude auf das närrische Treiben rund um den Rosenmontag wird in diesem Jahr mit Blick auf die Ereignisse in Magdeburg, wo ein Mann kurz vor Weihnachten mit seinem Auto über den Weihnachtsmarkt raste und dabei sechs Menschen getötet sowie knapp 300 verletzt hat, getrübt. Um einen solchen Anschlag zu verhindern, reagierten die Städte bundesweit mit verschärften Sicherheitsauflagen für Großveranstaltungen. Doch die höheren Auflagen stellen die Veranstalter vor große Herausforderungen – teils sogar zu große.
Denn in Thüringen, im Allgäu oder auch im Saarland sind nach Medienberichten die ersten Umzüge abgesagt worden. Und auch in Nordrhein-Westfalen gibt es eine erste Absage: Die Karnevalsgesellschaft Neukirchen-Vlü-Ka-Ge hat als Veranstalterin den Rosenmontagszug in Neukirchen-Vluyn abgesagt, nachdem sie mit den neuen Auflagen konfrontiert worden ist. „Bei diesem anspruchsvollen Sicherheitskonzept sehen wir keine Möglichkeit, unserer Verantwortung als Veranstalter des Zuges gerecht zu werden“, teilte die Gesellschaft mit.
Wesentlicher Bestandteil des neuen Konzepts sei es, jede in die Zugstrecke mündende, durch Personenkraftwagen befahrbare Zufahrt zur Zugstrecke durch Personenkraftwagen zu blockieren. Doch wenn die 90 Autos, die nach Schätzungen des Veranstalters für den Umzug in Neukirchen-Vluyn erforderlich wären, als „Prellbock“ genutzt werden, könnte der Versicherungsschutz erlöschen. Mit Blick auf diese Anzahl an zu organisierenden und überwachenden Autos sowie die Kosten für eine Haftung im Falle eines Schadens entschied sich die Neukirchen-Vlü-Ka-Ge dafür, dass Aufwand und Risiko zu groß seien.
Stadt: Der KA ist in alle
Gespräche eingebunden
Und in Neuss? Welche neuen Auflagen erwarten die Karnevalsvereine in der Quirinusstadt? „Die Überprüfung der Sicherheitskonzepte erfolgt immer auf Grundlage aktueller Erkenntnisse. Dies schließt auch die Ereignisse des letzten Jahres ein“, teilt Manon Meinert, Sprecherin der Stadt Neuss, auf Anfrage mit. Konkrete Maßnahmen werden jedoch nicht genannt – zum Schutz der Veranstaltung. Meinert versichert jedoch, dass der Karnevalsausschuss (KA) Neuss als durchführendes Organ in allen Gesprächen eingebunden ist und jegliche Entscheidungen in Abstimmung getroffen werden. „Die Stadt Neuss unterstützt seit vielen Jahren unser Brauchtum, auch in Sicherheitsfragen“, heißt es weiterhin.
Und auch Andreas Picker, Präsident des KA, hält sich bedeckt. Derzeit befinde man sich noch in Abstimmungen zum Sicherheitskonzept. „Natürlich führen jegliche Verschärfungen zu einer finanziellen Mehrbelastung“, so Picker. Dennoch würde sich die Frage, ob der große Umzug am Kappessonntag stattfinde, für den KA nicht stellen. Es seien erschütternde Ereignisse, die auch die Jecken in Neuss zur Wachsamkeit aufrufen sollten, „aber wir dürfen uns dadurch nicht die Freude nehmen lassen“, betont der Präsident.
Ähnlich sieht es Beatrix Bellen, 1. Geschäftsführerin der Karnevalsfreunde Grefrath von 1970. „Wir haben die Auflagen von der Stadt Neuss bereits bekommen und werden sie natürlich auch so einhalten“, sagt sie. Auf die Berichte aus Neukirchen-Vluyn schaut Bellen mit Bedauern, da sie genau weiß, welche Bedeutung diese Umzüge für alle Jecken und gerade auch für kleine Vereine haben. „Das ist immer ein Highlight und mit die schönste Veranstaltung im Jahreskalender“, so die Geschäftsführerin. Doch auch Bellen gibt zu bedenken, dass die Entscheidung, ob ein Umzug stattfinde oder nicht, ganz von den Auflagen abhänge. Die Frage stellt sich mit Blick auf diese Session aber nicht mehr: Das genehmigte Sicherheitskonzept, das den Karnevalsfreunden Grefrath aktuell vorliegt und deren Anforderungen sie erfüllen, lasse keine Zweifel aufkommen, dass die Grefrather sich auch in diesem Jahr über einen Umzug freuen dürfen.