Ein virtueller Kanal durch die Stadt
Nach historischen Karten der Franzosen haben Martin Stitz und Carl Pause den Nordkanal virtuell aufgebaut.
Neuss. Der Plan von 1801, die erste wirkliche Karte für das Neusser Gebiet, stimmt exakt mit den aktuellen Vermessungsdaten überein. Der Franzose Tranchot hat detailliert den Beginn des Nordkanals an der Erftmündung in Grimlinghausen eingezeichnet — das heißt die Pläne dazu, wurde mit dem Bau doch erst 1809 begonnen. In bewährter Zusammenarbeit mit Carl Pause, dem Archäologen aus dem Clemens-Sels-Museum, hat der städtische Vermesser Martin Stitz nun das Bauwerk als 3-D-Animation rekonstruiert.
Grundlagen waren die Kartierung aus der Franzosenzeit, die Darstellung von Flurstücken von 1850 und aktuelle Luftbilder. Mit Hochachtung spricht Stitz von der Arbeit der französischen Vermesser und Kartographen: Zuvor hatte es nur Skizzen gegeben, Grenzverläufe wurden über „Umgänge“ von Alt und Jung in Erinnerung gehalten.
Mit den Franzosen kam auch auf diesem Gebiet die neue Zeit, und das Team Stitz und Pause nutzte jetzt die alten Karten mit ihren Angaben zu Maßen und Neigungswinkeln. Entstanden ist eine Animation, die an der Erftmündung, dem Standort des Sporthafens, eine mächtige Mauernkonstruktion zeigt — samt den beiden Schleusenwärterhäuschen über dem Rhein und der Schleuse, die nie fertiggebaut wurde. Das bereits bestehende Hafenbecken wurde genutzt, dann begann der eigentliche Kanal, der auf einer Breite von 13 Metern schiffbar war.
Die virtuelle Rekonstruktion führt zur Schleuse am Scheibendamm; eine schmale Schleuse, die zeigt, dass man nur kleinere Kähne erwartete, die hier um sechs Meter angehoben wurden. Das Kanalwärterhäuschen am Eingang zum Schießstand der Scheibenschützengesellschaft existiert noch. Danach ging es bis Neersen ohne Gefälle weiter.
Schließlich das dritte Bauwerk: das Epanchoir, an dem die hier auf den Nordkanal treffende Obererft unter dem Kanal hindurchgeführt und der Wasserstand im Kanal stabil gehalten wurde. Ein Teil dieses Entlastungsbauwerks ist noch am St. Josef-Krankenhaus zu sehen, der Rest liegt unter der Nordkanalallee. Die Heimatfreunde wollen das Epanchoir rekonstruieren.
Nach römischer Villa, St. Quirin oder Römerbrücke haben sich Stitz und Pause in die Neuzeit vorgearbeitet. Die Rekonstruktion wird bald auf der Internetseite des Clemens-Sels-Museums („Stadtgeschichte“) zu sehen sein.