In vollem Galopp den Apfel zerteilt
Auf der Rennbahn zeigten am Wochenende die rheinischen Ritter ihr Können.
Neuss. Sie kommen hoch zu Ross, in Kettenhemd und buntem Waffenrock, und sie tjosten, bis die Lanze bricht. Die „Rheinischen Ritter“ versetzten am Wochenende die Rennbahn zurück ins Mittelalter.
Für den Veranstalter, die Torgauer Mittelalter-Agentur Sündenfrei, ist Neuss kein Neuland. Schon im Oktober hatten sie den Quirinus Mittelalter-Markt vor dem Zeughaus organisiert. „Hier haben wir letztes Jahr aufgehört, hier starten wir in die neue Saison“, sagt dazu Organisator Henri Bibow.
Offenbar hat sich die Stadt als guter Standort für historische Events erwiesen. Auf bis zu 4000 Besucher hoffte Bibow am Samstagmittag: „Wenn’s klappt, überlegen wir, hier regelmäßig alle zwei Jahre Ritterspiele abzuhalten.“
Auch diesmal gab es das bewährte Rahmenprogramm mit Musik und allerlei mittelalterlichen Marktständen. Höhepunkt aber war das Turnier, „nicht in der Manier des Schauspiels, sondern des Sportes“, also ein richtiger Reiterwettkampf. Angetreten waren sieben Recken aus Deutschland, den Niederlanden, Frankreich und Belgien, alle Mitglieder des Vereins „Die Rheinischen Ritter“.
Sie zeigten, wie man in vollem Galopp mit dem Schwert einen Apfel zerteilt oder eine Sau erlegt — mit dem Speerstich in eine Wildschwein-Attrappe. Mit solchen Übungen haben schon die Ritter des Mittelalters sich und ihre Rösser auf die Schlacht vorbereitet. Sieger wurde „Seine Impertinenz“, der Kölner Erzbischof Siegfried von Westerburg. In der Königsdisziplin, dem Tjost (Lanzenstechen), verwies ihn allerdings Adolf von Berg auf den zweiten Platz.
Die beiden hat es übrigens wirklich gegeben. Sie kreuzten in der Schlacht von Worringen 1288 die Klinge. Eine geschichtliche Figur ist auch Arnold von Wachtendonk, der bei den „Rheinischen“ von Josef Wilhelm Mangels verkörpert wird. 15 Jahre ist es jetzt her, seit der passionierte Springreiter von einem Sportsfreund zu einem mittelalterlichen Reitturnier mitgeschleppt wurde. „Den Bazillus bin ich nie wieder losgeworden“, gesteht der Pensionär schmunzelnd.
Warum? „Da ist zunächst die Grundidee des Rittertums: Ehrlichkeit und das Gebot, den Schwachen zu helfen. Dann natürlich das Miteinander und die sportliche Betätigung. Und: auf unseren Touren kriegen wir viele schöne Burgen zu sehen!“
Die Ritter kommen weit rum in der Saison. Bis in den Herbst schlagen die Waffenbrüder etwa alle zwei Wochen irgendwo auf einem historischen Fest ihr Lager auf, in Deutschland, der Niederlande, Belgien und Frankreich.
Nicht nur deshalb ist das Mittelalter-Hobby zeitaufwändig. Die historische Kleidung, liebevoll „Gewandung“ genannt, wird größtenteils selbst angefertigt, die Pferde müssen auch unter der Woche trainiert werden. Gut, dass bei Josef Wilhelm Mangels Frau und Tochter dabei sind: „Wenn die Familie nicht mitzieht, ist das nicht zu schaffen.“