NRW Neue Fahrradstraßen im Test

Neuss · Seit einigen Tagen gibt es Fahrradstraßen in der Innenstadt, ab August wird die Sebastianusstraße für den Duchgangsverkehr gesperrt. Das Projekt „autoarme Innenstadt“ ist gestartet. Erste Reaktionen auf einen Feldversuch.

Die Beschilderung fehlt noch und die Markierungen sind erklärungsbedürftig. Die Übersetzung: Radler dürfen die ganze Straßenbreite nutzen.

Foto: Christoph Kleinau

Für die Grünen war es ein Freudentag. „Wir haben es genossen, die volle Breite der Straße einmal auszukosten“, berichtet Andrea Wilhaus von einer ersten Fahrt des Arbeitskreises Mobilität über die neu gewidmeten Fahrradstraßen. Sie sind Teil eines innerstädtischen Verkehrsversuches, der im Vorfeld heftig und kontrovers diskutiert worden war. Jetzt aber läuft der Test und bringt ab dem 1. August eine neue Qualität, wenn die Sebastianusstraße für den Autoverkehr gesperrt wird. Ausschließlich Lieferverkehr soll danach noch bis 13 Uhr zugelassen sein. Und das soll dann mindestens bis zum 31.März so bleiben, teilt die Stadt mit, die lange nur von „mindestens sechs Monaten“ gesprochen hatte.

Mit den Radstraßen bekommt Neuss eine durchgehende Verkehrsachse, die an der Bahnunterführung Preußenstraße beginnt und auf dem Glockhammer endet und mit der Achse Hamtor- und Michaelstraße noch einen Abzweig bekommt. Doch das erkennt man so bislang noch nicht. Die Beschilderung fehlt noch, soll aber nach Auskunft von Stadt-Sprecher Peter Fischer noch in dieser Woche geliefert und dann schnellstmöglich montiert werden.

Gelbe Kreuze heben durchgezogene Linien auf

Bis dahin muss man wie ein Fährtenleser aus den Fahrbahnmarkierungen versuchen schlau zu werden. Die gelb markierten Kreuze, die auch entlang der Drususallee auf die Trennlinie zwischen Fahrbahn und die alten Schutzstreifen für die Radfahrer geklebt wurden, bedeuten schlicht: Diese Linie ist aufgehoben. Jetzt gilt – wie neue Radfahrsymbole auf der Autofahrspur kenntlich machen – dass auch diese in voller Breite von Radfahrern genutzt werden kann. Sie geben das Tempo im Straßenverkehr vor, das ohnehin auf maximal Tempo 30 gedrosselt ist. Autofahrer haben sich unterzuordnen. Doch kaum ein Radfahrer traut sich schon, diese Breite auch zu nutzen.

Es war ein politischer Kompromiss, die Einführung der Fahrradstraßen und die Sperrung der Sebastianusstraße zeitlich voneinander zu trennen. Von einem oder gar zwei Monaten war die Rede, jetzt hat sich die Stadt festgelegt: Die Sperrung gilt, wie eine elektronische Infotafel in leuchtend Rot erklärt, ab dem 1. August. Ziel dabei soll sein, dass die Aufenthaltsqualität an Sebastianusstraße und Glockhammer erhöht wird und so genannte urbane Räume entstehen. Um einen Eindruck zu vermitteln, wie die bisherigen Parkplätze anders genutzt werden können, wurden für den Versuchszeitraum beim „Zukunftsnetz Mobilität NRW“ Bänke, Sitznischen aber auch Fahrradständer ausgeliehen und dort aufgebaut.

Das Konzept kommt unterschiedlich gut an

Das kommt unterschiedlich gut an. „Ich würde mit meinen Kindern doch nicht in die Stadt fahren, um hier ein Picknick zu machen“, sagt Victoria Wimmer von „Optik Ritters“ an der Sebastianusstraße. Sie ist überzeugt, dass die Zahl der Kritiker am Verkehrsversuch schnell steigen wird, „weil die Leute jetzt erst merken, wie blöd das ist“. Ganz anders sieht das Ramona Koch vom Laden „Unverpackt“ am Glockhammer. Sie bringt gerade gerade eine Nachbarschaftsinitiative zusammen, die überlegen soll, wie die neuen Möglichkeiten genutzt werden können. Erster Termin: 16. Juli.

Auch die Stadt nutzt das Mobiliar. Immer donnerstags bietet sie ab 12.30 Uhr eine Sprechstunde an der Ecke Hamtor-/Sebastianusstraße an. Stehen muss dabei niemand, denn Bänke gibt es jetzt genug.