Im Kreis fehlen viele Wohnungen

Die Städte müssen der demografischen Entwicklung entsprechend mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen.

Foto: A. Woitschützke

Rhein-Kreis. Flüchtlinge sind nicht die Hauptursache für den eklatanten Mangel an bezahlbarem Wohnraum im Rhein-Kreis Neuss. Es ist die demografische Entwicklung, die die acht Städte und Gemeinden des Kreises mehr oder weniger verschlafen haben: Das mussten sich Bürgermeister und sonstige Vertreter der Kommunen gestern im Kreishaus in Grevenbroich sagen lassen. Landrat Hans-Jürgen Petrauschke hatte zum „Wohnungsgipfel“ mit Vertretern des NRW-Bauministeriums, von der NRW.Bank, der Gemeinnützigen Wohnungs-Genossenschaft (GWG) Neuss, mit Stadtplanern und Architekten eingeladen. Einig waren sich aller Redner in der Differenzierung von „hausgemachter“ Wohnungsnot und dem quasi durch die Flüchtlinge importierten Wohnraummangel.

Dirk Brügge, Kreisdirektor

Sigrid Koeppinghoff , Ministerialdirigentin im NRW-Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr, machte deutlich: Der größte Teil (zwei Drittel) der Herausforderung, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, habe nichts mit den Flüchtlingen zu tun. Die Städte und Gemeinden hätten nicht früh genug erkannt, dass für die Zukunft immer mehr Wohnraum für Alleinstehende und Rentner geschaffen werden muss. Bis 2020 müssten in NRW alleine 280 000 zusätzliche bezahlbare Wohnungen gebaut werden — und das nur, um mit der demografischen Entwicklung Schritt zu halten. Im Rhein-Kreis Neuss müssten bis 2020 zusätzlich 12 500 Wohnungen — davon nur etwa 4500 für Flüchtlinge — entstehen, führte Sigrid Koeppinghoff aus.

Einig waren sich die Experten zudem in ihrem Rat an die Vertreter der Städte und Gemeinden, für Flüchtlinge keine zentralen Provisorien zu schaffen, sondern nachhaltigen Wohnraum. „Und dem muss man nicht ansehen, dass er ursprünglich für Flüchtlinge gebaut wurde“, betonte Koeppinghoff, die Unterstützung durch Jürgen Jankowski von der NRW-Landesbank und Stefan Zellnig von der GWG Neuss erhielt: Sie zeigten einen Film und Fotos von gelungenen Quartieren mit teilweise privat und teils öffentlich geförderten Wohnungen, vorwiegend in Neuss. Dort gelinge Integration von Flüchtlingen oder Behinderten ebenso wie ein Miteinander der Generationen, betonte Zellnig.

Kreisdirektor Dirk Brügge legte dem „Wohnungsgipfel“ ein kompaktes Zahlenwerk vor: Demnach hat der Rhein-Kreis als Zuzugsregion seinen öffentlich geförderten Mietwohnungsbestand seit dem Jahr 2000 um 36 Prozent von 18 694 auf 11 935 Einheiten verringert, statt ihn auszubauen, wie es Zuzüge und Demografie erfordern. Wohnungsbaufördermittel in Millionenhöhe wurden nicht verbaut und mussten deshalb zurückgegeben werden. Für den Rhein-Kreis wird ein Bevölkerungszuwachs (ohne Flüchtlinge) von 440 602 Bewohnern auf 465 648 im Jahr 2040 angenommen. Bis 2020 soll sich die Zahl bereits um knapp 10 000 zusätzliche Bürger steigern. Und alle benötigen Wohnraum, ein Großteil davon zu preisgünstigen Mieten: Etwa 7700 Wohnungen werden bis 2030 im Rhein-Kreis fehlen. Brügge verdeutlichte aber auch: „Beim Zuzug von Flüchtlingen haben wir im Moment nur eine Atempause.“