Kein Spielraum bei Gewerbeflächen
Die Stadt hat laut einem aktuellen Gutachten keine Flächen in Reserve. Möglichkeiten gibt es vor allem am Stadtrand.
Neuss. Die Botschaft ist deutlich. Um für die Zukunft gerüstet zu sein, muss die Stadt Neuss weitere Gewerbeflächen in den Blick nehmen. Dominik Geyer von der auf Stadt- und Regionalplanung spezialisierten Jansen GmbH hat die Fortschreibung des Gutachtens für Gewerbe- und Industrieflächen jetzt im Ausschuss für Wirtschafts- und Liegenschaftsangelegenheiten vorgestellt. Die Stadt hat demnach bis 2035 einen Gewerbeflächenbedarf von rund 100 Hektar und braucht Reserveflächen, falls im Flächennutzungsplan eingeplante Areale — wie die Gewerbegebiete Derikum oder Kuckhof-Ost, gegen die sich Widerstände regen — wegbrechen. „Es darf nichts passieren, sonst gerät Neuss ins Schwimmen“, warnt Geyer. Das Gutachten weist daher Flächen auf, die vorrangig in den Blick genommen werden sollten — kurzfristig als mögliche Reservefläche, aber auch mittel- bis langfristig als weiteres Gewerbeareal. „Wenn Flächen aus dem Flächennutzungsplan nicht kommen, könnte man sozusagen ,Streiche-und-ersetze’ spielen“, sagt Wirtschaftsförderer Andreas Galland.
Ganz vorne im Ranking aus dem Gutachten: Grimlinghausen-Südost und die Morgensternsheide. Dort könnte auf Neusser Stadtgebiet „ein kleiner Bruder des großen Gewerbegebiets Kaarster Kreuz“ entstehen. Man habe bereits gute Standort- und Erschließungsvoraussetzungen, nachdem in der Nachbarschaft und jenseits der Stadtgrenze Ikea neu gebaut hat. Geyer sieht die Morgensternsheide daher auch als heimlichen Favoriten im Gutachten-Ranking. Er empfiehlt, die Entwicklung des Standorts in interkommunaler Zusammenarbeit mit der Stadt Kaarst anzugehen. Die Morgensternsheide könne als „Pufferfläche für Unternehmen, die aus Neuss heraus eine größere Fläche suchen“, dienen.
Andreas Gensler, Erster Beigeordneter und Kämmerer der Stadt Neuss, erklärte im Ausschuss, es sei auch im Verwaltungsvorstand über das Thema Morgensternsheide und das Vorgehen gesprochen worden. „Es wird Kontakt mit der Stadt Kaarst aufgenommen“, sagt er.
Die Fläche in der Morgensternsheide, die auf Neusser Stadtgebiet zum Gewerbegebiet entwickelt werden könnte, beträgt laut Wirtschaftsförderer Andreas Galland rund 20 Hektar. Zum Vergleich: Derikum und Kuckhof-Ost werden mit jeweils rund 25 Hektar in der Planung angesetzt. Zurzeit verfügt die Stadt Neuss laut des von Geyer vorgestellten Gutachtens mit Blick aufs Gewerbe über eine faktische Gesamtreserve von rund 16,6 Hektar, hinzu kommen betriebsgebundene Reserven in Höhe von 3,7 Hektar.
Constanze Kriete (SPD) plädierte im Ausschuss für Wirtschafts- und Liegenschaftsangelegenheiten dafür, das Gutachten zu nutzen, um direkt eine Empfehlung an den Ausschuss für Planung und Stadtentwicklung auszusprechen. Roland Kehl (Grüne) und Karl-Heinz Baum (CDU) gingen Kriete daraufhin scharf an. „Wir sind hier doch nicht auf dem Basar“, betonte Kehl. „Ich halte nichts davon, ungeprüft Dinge zu beschließen und Stimmungsbilder abzugeben.“ Man müsse das Gutachten in Ruhe betrachten und ordentlich beraten.
Auch Roland Sperling (Linke) argumentierte in diese Richtung. „Ich will hier doch nichts beschließen, das ich noch gar nicht richtig kenne. Da kann ich mich nur wundern.“