Alternativer Kraftstoff Pferdemist treibt Neusser Autos an

Neuss. · In Neuss soll es bald einen besonderen Benzin-Ersatz geben – Biogas aus Tier-Exkrementen.

 Der Rhein-Kreis gehört zu den pferdereichsten Regionen Deutschlands.

Der Rhein-Kreis gehört zu den pferdereichsten Regionen Deutschlands.

Foto: dpa

Der Rhein-Kreis Neuss ist eine der pferdereichsten Regionen in Deutschland. Das möchte sich die „Königs + Nellen Pflanzenenergie GmbH“ mit Sitz in Neuss zunutze machen – und zwar um eine Verkehrswende in der Quirinus-Stadt auf den Weg zu bringen. Wie das funktionieren soll? So viel sei verraten: Wenn in diesem Zusammenhang von einer Mist-Idee die Rede ist, dann ist das nicht despektierlich gemeint.

Bereits seit rund neun Jahren produziert der Betrieb in Hoisten Biogas, mit dem die Stadtwerke Neuss unter anderem die Blockheizkraftwerke in den Bädern befeuern. Allerdings: Das Biogas wird aus Stoffen gewonnen, die extra für diesen Zweck angebaut werden müssen. Und das verbraucht Energie, wodurch wiederum die CO2-Belastung steigt. Nun möchte Geschäftsführer Herbert Königs seine Anlage so umbauen lassen, dass er dort etwas in Biogas umwandeln kann, was in Neuss sowieso täglich tonnenweise produziert wird:
Pferdemist!

Mit dem produzierten Biomethan haben Königs und Co. einen ambitionierten Plan: Sie wollen unter anderem die Fuhrparks von Landwirten, Speditionsfirmen, Paketdiensten, Pflegediensten und Bauunternehmen mit dem aus dem Mist gewonnenen Gas antreiben. Mehrere potenzielle Partner aus der Region hätten bereits Interesse bekundet.

„Bei uns gibt es im Umkreis von fünf Kilometern bereits 1000 Pferde. Und ein Pferd produziert rund 35 Kilo Mist pro Tag“, sagt Herbert Königs. Mit 64 000 Tonnen Mist jährlich könnten 6000 Pkw oder rund 115 Lkw angetrieben werden.

Auch die Stadtwerke Neuss zeigen Interesse an dem Projekt und informierten sich jetzt neben vielen weiteren Organisationen und Vertretern aus der Wirtschaft und Politik vor Ort über die neue Technologie. Die Stadtwerke Neuss setzen in ihrer klimafreundlichen Mobilitätsstrategie generell auf zwei Säulen: Elektro und Erdgas. Allerdings lassen die Erfahrungen mit dem bislang einzigen Elektro-Bus zu Wünschen übrig. Diese sind nach Angaben von Stadtwerke-Geschäftsführer Stephan Lommetz nämlich problembeladen. „Das Zusammenspiel der verschiedenen Techniken ist noch im Entwicklungszustand“, sagt er. Das heiße allerdings keineswegs, dass in Zukunft die gesamte Fahrzeug-Flotte der Stadtwerke nur mit Pferdemist betrieben wird, sollte die „Königs + Nellen Pflanzenenergie GmbH“ tatsächlich Bio-Erdgas produzieren: „Wir müssen verschiedene Technologien miteinander kombinieren“, so Lommetz. Auf ein Problem bei der Elektromobilität macht Hendrik Becker vom Fachverband Biogas aufmerksam: „Bei Lkw oder Traktoren für große Lasten ist die E-Mobilität im Vergleich zum Erdgas ihren physikalischen Grenzen ausgeliefert.“