Krach im Rat: Breuer wehrt sich
Nach der jüngsten Sitzung, in der der Bürgermeister mit CDU und Grünen aneinander geriet, denkt Breuer über Schulungen für die Ratspolitiker nach.
Neuss. Wie Rat und Verwaltung zusammenwirken, regelt nicht zuletzt die Geschäfts- und die Gemeindeordnung. Bürgermeister Reiner Breuer ist allerdings nach der sechsstündigen Ratssitzung am Freitag überzeugt, dass etliche Stadtverordnete Wissenslücken bei den Themen Kommunal- und Finanzverfassung haben. Bei der Manöverkritik zur Ratsdebatte gestern im Verwaltungsvorstand dachte er offen über Weiterbildungsangebote für den Rat nach, drohte aber auch mit Reaktionen. „Haltlose Vorwürfe“ gegen seine Person und die Verwaltungsspitze insgesamt und eine, so wörtlich, „grenzenlose Unwissenheit“ seien „schwer erträglich und können auch nicht folgenlos bleiben“, sagte Breuer. Am Freitag geht er mit dem Beigeordnetenkollegium in Klausur, um darüber nachzudenken, wie diese Folgen aussehen könnten.
Die Ratssitzung markiert in der Tat wohl den Tiefpunkt im Verhältnis von SPD-Bürgermeister einerseits und der Ratsmehrheit von CDU und Grünen andererseits. Das machte sich nicht nur in der hitzigen Auseinandersetzung um die Frage fest, ob der CDU-Stadtverordnete Thomas Kaumanns zu befangen sei, um über die Gebühren für die offene Ganztagsschule mitzuentscheiden. Zur Sache ging es auch, als CDU und Grüne den Bürgermeister mit ihrer Mehrheit anweisen wollten, die Rathauspostille „Neuss publik“, eine von Breuer initiierte Gratiszeitung für alle 75 000 Haushalte im Stadtgebiet, einzustellen. „Wir bestehen darauf“, betonte Hermann-Josef Baaken (CDU). Im beschlossenen Antragstext klang das weniger forsch: „Der Bürgermeister wird aufgerufen“, heißt es dort.
Diesen Ruf hat Breuer gehört — und überhört. „Als Bürgermeister habe ich das Recht und die Pflicht, Öffentlichkeitsarbeit zu machen“, sagt Breuer, der zwar zugibt, mit der Firma, die das Blatt zustellen sollte, nicht zufrieden zu sein. Doch die Neusser könnten sich schon auf die zweite von zunächst vier vertraglich vereinbarten Zeitungen freuen.
Ruppig ging es weiter, als dem Bürgermeister von der Koalition vorgeworfen wurde, politische Beschlüsse wie etwa die Einrichtung eines Bürgerzentrums im ehemaligen Further Hof nicht umzusetzen — was dieser von sich wies. Richtig lautstark wurde es, als es zuletzt um den 152 Millionen Euro schweren „Steuerschatz“ ging, der der Stadt durch eine Vorauszahlung in den Schoß gefallen ist. Auch in diesem Fall warf die Koalition Breuer sowie dem Kämmerer Frank Gensler (CDU) Versäumnisse vor, die in Vorwürfen gipfelten wie: „Sie sind ein Diktator“. Ein Zuruf Baakens, den Breuer parierte: „Sie werden von mir hören.“ Breuer will das so nicht hinnehmen. Eine Reaktion könnte sein, so Breuer, im Verhältnis von Rat und Verwaltung „die Gemeindeordnung nach den Buchstaben des Gesetzes anzuwenden“. Die kennt Angebote wie etwa eine Servicestelle, die den ehrenamtlichen Politikern die Arbeit erleichtern soll, nicht.