Gasthaus und Hotel in Neuss-Grimlinghausen Vier-Sterne-Hotel Landhaus öffnet heute zum letzten Mal

Grimlinghausen. · Damit endet die Geschichte eines 140 Jahre alten Familienbetriebs.

In ihrem Elternhaus wurde Inge Schiefer vor 72 Jahren geboren. Dort arbeitet und lebt sie immer noch.

Foto: Ludger Baten

Zum Goldjubiläum fehlen 31 Tage. In rheinischer Großzügigkeit formuliert: Geschenkt! Am Neujahrstag 1970 übernahm Inge Schiefer den gastronomischen Familienbetrieb an der Hüsenstraße in Grimlinghausen, der in 140 Jahren mit Gaststätte, Bäckerei, Metzgerei, Kaisersaal, Landhaus-Hotel inklusive Zwitscherstube viele unterschiedliche Akzente setzte. Carl Bongartz eröffnete 1879 eine Bäckerei mit Gastronomie. Heute endet diese unternehmerische Tradition. Heute Abend schließt Inge Schiefer für immer die Türen. Ein trauriger Tag für die Eigentümerin und Betreiberin. Sie feiert ein trauriges Jubiläum. Die drei verbliebenen Angestellten wurden am Donnerstag informiert.

Was wird, weiß Inge Schiefer (72) nicht. Sie weiß auch nicht, wie sie selbst mit der aktuellen Situation, die einen Schlusspunkt hinter ihr Lebenswerk setzt, umgehen wird beziehungsweise umgehen kann. „Es fällt mir schwer, los zu lassen“, sagt die resolute Frau, der Gesundheit und Alter jetzt den Rückzug diktieren: „Ich kann’s nicht mehr leisten.“ Ihre Söhne Stephan und Christian wollen den Betrieb nicht übernehmen, ein gastronomischer Betreiber oder ein Käufer wurde nicht gefunden. Die Idee, dass das nahe katholische Altenheim die Landhaus-Immobilie künftig nutzt, zerschlug sich. Neun Monate habe sie verhandelt, sagt Inge Schiefer, aber letztlich habe das Generalvikariat in Köln nicht mitgespielt.

So bleibt die Zukunft für das Landhaus-Hotel mit 28 Zimmern und Gastronomie auf einem 1600 Quadratmeter großen Grundstück ungewiss. Im Dezember werden einige wenige gültige Reservierungen noch erfüllt, aber keine neuen Buchungen mehr entgegen genommen. Das Geschäft klingt aus.

Landhaus ist auch ein Museum für Neusser (Schützen-)Geschichte

Inge Schiefer bleibt. Sie wohnt in ihrem Elternhaus, in dem sie auch geboren wurde. Emotionen sprechen aus jedem ihrer Sätze; Emotionen wohin man schaut. Erinnerungen ohne Ende. Viele Bilder, Plakate, Dokumente und vor allem Fotos lassen die langen Flure und großen Gasträume zu einem Museum der Neusser (Schützen-)Geschichte werden. Mit Hans Schiefer im Mittelpunkt. Den 2012 verstorbenen Ehrenoberst der Neusser Schützen hatte die Chefin in zweiter Ehe 1989 geheiratet. Die Ehe mit Hans Schiefer, vielleicht der Prototyp eines Neusser Regimentsoberst (1971 bis 1987), mag auch der Grund gewesen sein, dass das Neusser Komitee in Grimlinghausen so etwas wie ein zweites Domizil bezog.

„Das Komitee war seit den 1970er Jahren immer am Kirmesmontag mit einer Abordnung auf der Festwiese in Grimlinghausen, wenn der dortige Schützenkönig ermittelt wurde“, erinnert sich Christoph Buchbender, Rheinland-Vorstand und langjähriges Neusser Komiteemitglied: „Präsident Hermann Wilhelm Thywissen und einige Komiteemitglieder waren immer zur Stelle. Anschließend ging es stets ins Landhaus-Hotel, wo sich alle zum Abendessen trafen und um bei den Grimlinghauser Schützen zu sein.“ Seit 1992 sei Buchbender selbst fast jedes Jahr dabei gewesen und „immer waren wir von Hans und Inge Schiefer eingeladen, in geselliger Runde das Schützenfest zu
feiern.“