Lehrer bestreitet, Schüler eingesperrt zu haben

Der 50-Jährige steht seit gestern vor Gericht. Er soll im April 2015 Schüler der Realschule an der Halestraße nicht aus dem Raum gelassen und einen Jungen geschlagen haben.

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Kaarst/Neuss. Ein 50-jähriger Lehrer soll Schüler der damaligen Klasse 6 b der Kaarster Realschule im April 2015 im Unterrichtsraum eingesperrt und einen der Jungen sogar geschlagen haben. Zum gestrigen Prozessauftakt wies der Angeklagte die Vorwürfe zurück.

Ausführlich ließ sich Jugendrichter Heiner Cöllen gestern von Lehrer Phillip Parusel dessen Sicht der Dinge schildern. „Es war eine Doppelstunde Musik in der fünften und sechsten Stunde“, erklärte der gebürtige Münchner: „Thema war: Was ist ein Virtuose?“ Er habe den Schülern einen Film und ein Hörspiel über den Geiger Paganini vorführen wollen. Schon nach kurzer Zeit sei es in der Klasse aber drunter und drüber gegangen. „Die Schüler waren laut und unruhig, gleich dreimal habe ich das Hörspiel abbrechen müssen.“ Als es dem Musiklehrer zu bunt wurde, griff er durch und ordnete an, dass die Schüler einen Text über Paganini abschreiben sollten. Am Ende der Doppelstunde sollten sie ihre Arbeitsblätter bei ihm abliefern.

Daraufhin jedoch sei der Unterricht wohl endgültig aus dem Ruder gelaufen. Der Lehrer setzte sich mit einer Gitarre in der Hand vor die Tür, versperrte den Weg und wollte die Arbeitsblätter einsammeln. „Wer noch nicht fertig war, durfte nicht raus“, erklärte einer der betroffenen Jungen gestern im Prozess, „einen Mitschüler hat er sogar mit dem Arm in den Magen gestoßen.“ Diese Vorwürfe bekräftigte ein 14-jähriger Klassenkamerad. Die Schüler, die nach eigenen Angaben ihren Bus und auch Nachhilfeunterricht verpassten, riefen daraufhin die Polizei.

Die meldete sich beim völlig überraschten Leiter der Realschule. „Die Mitteilung der Leitstelle lautete: Lehrer schließt Schüler ein und schlägt sie“, berichtete Schulleiter Jürgen Bosse: „Ich bin daraufhin sofort zum Musikraum.“ Dort sei jedoch alles weitestgehend wie immer gewesen. „Es sah aus wie nach einer normalen Unterrichtsstunde.“

Weil der Schüler, der in den Magen geschlagen worden sein soll, derzeit mit seinen Eltern im Urlaub ist, wurde gestern noch kein Urteil verkündet. Richter Cöllen vertagte die Verhandlung auf Mittwoch, 24. August.

Indes nagen die Vorwürfe mächtig an Lehrer Parusel „Das streift man nicht einfach so ab wie das Jackett zu Hause“, erklärte der 50-Jährige. Schützenhilfe bekam er von einer Reihe ehemaliger Schülerinnen aus Neuss, die als Zuschauer im Gerichtssaal waren und T-Shirts mit der Aufschrift „Free Parusel“ erstellt hatten. Auch der Schulleiter half. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Herr Parusel gewalttätig geworden ist“, sagte Jürgen Bosse.