Meistbietender bekommt das Grundstück

Wer zahlen kann, kann in Grevenbroich bauen. Andere Kommunen setzen bei der Vergabe von Wohnbaugrundstücken auf andere Systeme.

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Grevenbroich Letztendlich ist es eine Frage des Standpunkts: Welches System ist gerechter, welches effizienter, wenn es um die Vergabe von kommunalen Wohnbaugrundstücken geht? Wer zuerst kommt, mahlt zuerst? Oder: Wer am meisten bietet, kriegt den Zuschlag? Oder sollte es am Ende um ganz andere — eher soziale — Kriterien gehen? Jede Stadt und jede Gemeinde hat da ihre eigene Lösung.

Stefan Pick, Geschäftsführer des Grevenbroicher Bauunternehmens „Pick Projekt“, sagt: „Für den Einzelerwerber, etwa für die Familie, die ein Haus bauen möchte, ist es wichtig zu wissen, was finanziell auf ihn zukommt — in Grevenbroich ist das nur über das Höchstgebot möglich. In Zeiten, in denen Kommunen preisgünstigen Wohnraum schaffen wollen und müssen, ist das eine Hürde, an der oft gerade junge Familien scheitern.“

Tatsache ist: In Grevenbroich wird, bis auf wenige Ausnahmen, seit jeher nach dem Meistbietendenprinzip verfahren. „Grundsätzlich ist es ohnehin so, dass die Stadt — was sehr schade ist — wegen der Auflagen im Haushaltssicherungskonzept nur sehr wenig Grundstücke selbst planerisch entwickelt, weil sie eben keine Flächen ankaufen kann“, sagt Dorothea Rendel, Leiterin des Bereichs Stadtplanung und Bauaufsicht. Wenn die Kommune ausnahmsweise selbst am Zug ist, wie zum Beispiel im Baugebiet „Am Tolles“ in Kapellen oder auf dem ehemaligen Buckau-Gelände in der Stadtmitte, wird der Baubeginn zunächst öffentlich mit Exposés beworben. „Dann gibt es einen Termin, zu dem die Interessenten ein Angebot abgeben können“, erklärt Stadtsprecherin Ines Hammelstein.

Das Mindestgebot orientiert sich am jährlich vom Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Rhein-Kreis Neuss ermittelten Bodenrichtwert. Die Experten schauen sich dafür unter anderem die im Vorjahr geschlossenen Kaufverträge an. Wurden die hoch abgeschlossen, wirkt sich das auf den Bodenrichtwert aus. In Grevenbroich liegt der aktuell bei 280 Euro pro Quadratmeter für freistehende 350 bis 800 Quadratmeter große Ein- und Zweifamilienhäuser in guter Lage. Für Grundstücke in mittlerer Lage setzt der Ausschuss 220 Euro an, für solche in einfacher Lage 140 Euro.

„Mit der Vergabe an den Höchstbietenden haben wir in Grevenbroich bisher immer gute Erfahrungen gemacht, meiner Meinung nach wird sie auch nicht als unfair wahrgenommen“, sagt Dirk Schwarz, Leiter des Fachbereichs Gebäudemanagement. Die Auswahl etwa nach einem Punktesystem, wie es Korschenbroich praktiziert, oder nach dem Prinzip „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“, wie in Jüchen, suggeriere vielleicht im ersten Moment größere Gerechtigkeit, sagt der Fachbereichsleiter. „Im zweiten Moment muss man dann aber auch fragen: Was ist mit dem, der aus dem Punkte-Raster fällt, das Grundstück aber trotzdem gerne bebaut hätte? Oder mit dem, der möglicherweise zeitgleich mit einem anderen ein Gebot abgibt?“

Hundertprozentige Gerechtigkeit, sagt Schwarz, könne es in diesem Bereich nicht geben. „Aber wenn jeder weiß, was er auf der Basis des Bodenrichtwerts für ein bestimmtes Grundstück maximal zu zahlen bereit und imstande ist, dann regelt sich die Sache aus unserer Erfahrung heraus quasi ganz von allein.“

Die Entscheidung, nach welchem Verfahren die Verwaltung Grundstücke vergibt, trifft ohnehin die Politik. „Dafür muss sie natürlich auch klar und deutlich definieren, welche Ziele verfolgt werden sollen“, betont Schwarz. „Geht es darum, möglichst viele Neubürger in die Stadt zu locken, von denen die Kommune dann wahrscheinlich über Steuern und Gebühren profitiert, oder soll — was ja auch legitim ist — möglichst viel Geld generiert werden, um den Haushalt zu entlasten?

In Korschenbroich haben Rat und Verwaltung gemeinsam ein Punktesystem entwickelt, von dem unter anderem Familien mit Kindern und mit pflegebedürftigen Angehörigen profitieren. Bei identischer Punktzahl entscheidet das Los. Die Erfahrungen, heißt es, seien positiv. „Für das Grevenbroicher System“, sagt Dirk Schwarz, „spricht unter anderem ein nicht unerheblicher jährlicher Haushaltskonsolidierungsbeitrag.“