Reaktionen auf Kaufhof-Pläne von Neusser Architekten So denkt die Politik über das Kaufhof-Areal

Neuss · Zwei Architekten, zwei Ideen und ein sehr differenziertes Echo – bei der Suche nach einer neuen Nutzung für das alte Galeria-Kaufhof-Areal gehen die Vorstellungen in der Politik teils weit auseinander. Das sind die neuesten Ideen.

Wenig ansehnlich präsentiert sich derzeit der frühere Kaufhof-Eingang an der Straße „Am Konvent“.

Foto: Frank Kirschstein

„Urbanes Dorf“ oder Kleinmarkthalle mit Wohnen und Ärztehaus – mit Wolfgang Waldner und Horst Hanrath haben zwei Architekten Ideen für eine Nachnutzung des Galeria-Kaufhof-Areals vorgelegt, die inzwischen auch die Politik beschäftigen. „Ich empfinde die Pläne als Bereicherung und inspirierend für die weiteren Beratungen, jede Visualisierung hilft“, sagt Jan-Philipp Büchler (CDU), Vorsitzender im Wirtschafts- und Strukturwandelausschuss des Stadtrates.

Entscheidungen über die Zukunft des früheren Warenhausstandortes müssten sich an der Frage orientieren, wovon Neuss am meisten profitieren würde. Dass am Ende der Diskussionen eine Entscheidung für eine Eins-zu-Eins-Umsetzung eines der beiden jetzt vorgelegten Entwürfe stehen wird, glaubt Büchler eher nicht. Dass Anregungen und Ideen aus den Entwürfen einfließen, sei aber gut möglich. „Beide Entwürfe dürfen sicher noch weitergedacht werden. Wahrscheinlich steht am Ende ein Kompromiss“, sagt Büchler. Wichtig sei es, in der Neusser Innenstadt für Frequenz zu sorgen, ebenso bedeutend sei es aber, etwas Neues zu schaffen und bei der Nachfolgenutzung für den Kaufhof nicht nur auf die „althergebrachten Mittel“ zu setzen.

Architekt Horst Hanrath plant, das Erdgeschoss in eine Kleinmarkthalle umzubauen.

Foto: Büro für Architektur und Stadtbereichsplanung Dipl.Ing. Horst Hanrath

In Teilen, etwa mit der Idee einer Markthalle, böten die beiden Entwürfe bereits einiges in dieser Richtung. Büchler kann sich aber auch völlig andere Ansätze vorstellen, die neue Nutzergruppen in den Gebäudekomplex und die Stadt locken könnten. Neben Kultur- und Bildungsangeboten könne das Kaufhof-Areal zum Beispiel Standort für Start-ups werden, wobei der CDU-Politiker nicht nur Büros, sondern auch einen sogenannten Makerspace im Sinn hat. Makerspaces sind Orte mit Werkstattcharakter, an denen Gründer oder Jungunternehmen mithilfe von modernen, digitalen Verfahren, etwa 3-D-Druckern oder Spritzgussmaschinen, Prototypen oder Produkte herstellen und testen können. „Das geht am besten an Orten im realen Leben, wo es Platz für Begegnungen, Gespräche und gegenseitige Impulse gibt“, so Büchler. Einen geschlossenen Campus brauche es dafür nicht, auch nicht die Umwandlung des kompletten Kaufhof-Komplexes: „Wenn es gelingen würde, in der Gesamtplanung, zum Beispiel neben einer Markthalle und Wohnen, ein solches Element zu platzieren, wäre das schon gut.“ Damit habe Neuss die Chance, sich auch überregional zu profilieren und Anziehungskraft zu gewinnen.

Den Ankauf des Gebäudes durch die Stadt hält Büchler für richtig

Architekt Wolfgang Waldner hat Pläne für ein „Urbanes Dorf“ auf dem Kaufhof-Areal entworfen.

Foto: W. Waldner Dipl.Ing. Architekt, Neuss

Dass die Stadt das Kaufhofgebäude erwerben will, hält Büchler grundsätzlich für richtig: „Hier geht es um eine Perle für die Innenstadtgestaltung.“ Wenn man die Chance nutzen wolle, daraus etwas zu machen, das Neuss in Zukunft von anderen Standorten abhebe und unterscheide, dürfe es keine Denkverbote geben. Das gelte auch für den Ansatz des „Urbanen Dorfes“ von Architekt Wolfgang Waldner. „Alles, was neu ist, was neugierig macht und Leute in die Stadt holt, ist wert, überdacht zu werden.“

Roland Kehl, für die Grünen im Planungsausschuss, sieht die Entwürfe der Architekten ebenfalls als Gewinn für die Diskussion, auch wenn er eine nachhaltige Lösung bevorzugen würde, bei der das Warenhausgebäude weitgehend erhalten bleiben könnte. Auch bei den Grünen zeichne sich eine Zustimmung zu einem Kauf der Immobilie durch die Stadt ab. „Kommt es dazu, muss daran gearbeitet werden“, sagt Kehl. Eine für ihn wichtige Frage: Wer macht was? Dass ein Amt oder eine Tochtergesellschaft der Stadt das Projekt entwickelt, sieht er eher nicht.

Der Verwaltungstrakt könnte zum „Technischen Rathaus“ werden.

Foto: Frank Kirschstein

Kehl regt einen Architektenwettbewerb an, um weitere Ideen einzusammeln. Dass der Komplex grundsätzlich umgebaut werden muss, sei wahrscheinlich: „Das Haus wird so nicht bleiben können.“ Kehl spricht zum Beispiel von großen Lichtschächten, die neue Nutzungen ermöglichen könnten. Die wahrscheinlichste Variante sei ein mehrstufiger Prozess, der auch eine Zwischennutzung mit Einzelhandel nicht ausschließe. Für eine endgültige Nutzung müsse breit gedacht werden. Kehl lenkt den Blick unter anderem auf die Stadtbibliothek, die an ihrem Standort am Neumarkt „aus allen Nähten platzt“. Eine Verlagerung in das Kaufhofgebäude könne dort nicht nur tagsüber, sondern auch am Wochenende und – bei Veranstaltungen – sogar am Abend für Belebung sorgen. Am Neumarkt wäre dann Platz für neue Wohnungen.

Am 25. Januar steht
das Thema im Hauptausschuss an

Zudem, so Kehl, biete der Bürotrakt des Kaufhofes die Chance, Verwaltungsstrukturen, die derzeit – etwa im Bereich von Planungsdezernent Christoph Hölters – auf mehrere Standorte verteilt sind, in einem „Technischen Rathaus“ zusammenzufassen.

Sascha Karbowiak (SPD), Vorsitzender des Planungsausschusses, kommen weitreichende Überlegungen zum Kaufhof-Standort allerdings „etwas verfrüht“. Die Pläne der Architekten habe auch er mit Interesse zur Kenntnis genommen, zunächst gelte es jedoch, den Kauf final zu beschließen.

Am 25. Januar steht das Thema im Hauptausschuss auf der Tagesordnung. Auch die SPD tendiere, so Karbowiak, zu einem Ankauf. Einen sofortigen vollständigen Umbau oder gar Abriss hält er allerdings für unwahrscheinlich. „Wir wollen zur Landesgartenschau 2026 keine Großbaustelle mitten in der Stadt“, sagt der SPD-Politiker. Wichtig sei es, erst einmal den Leerstand zu beheben, vor allem im Erdgeschoss. Andernfalls bestehe auch das Risiko, dass die gerade erfolgreich gestartete Revitalisierung des Meererhofes Schaden nehme.

Für eine weitergehende Planung wären, so Karbowiak, zudem Änderungen im Flächennutzungs- beziehungsweise Bebauungsplan nötig, die mehrere Jahre dauern könnten. Eine spätere Nutzung des Areals in einer Richtung, wie sie jetzt von den Architekten Hanrath und Waldner skizziert wurde, sei damit allerdings nicht ausgeschlossen. Auch die Stadt habe bereits Ideen für ein Ärztehaus oder auch Wohnungsbau, allerdings eher in längerfristiger Perspektive.