Schützenfest in Neuss Königsehrenabend: „Endlich, endlich“ war das Schlüsselwort
Neuss · Jahre musste Kurt Koenemann auf diesen Moment warten, jetzt genoss er den Jubel der Schützen. Die bat er um Eines: Den Wackelzug unverändert zu lassen.
Zwei Lafetten für den neuen Schießstand und ein Gewehr sind das Königsgeschenk von Kurt Koenemann an die Neusser Bürgerschützen. Denn was könnte man Schöneres schenken, begründete die Neusser Schützenmajestät ihre Entscheidung, als einen Teil zu eben jener Anlage, auf der Schützenkönige ermittelt werden?
Für ihn lag der Moment, als ihm beim Vogelschießen 2019 nach dem insgesamt neunten Schuss der Schießmeister die Hand auf die Schulter legte und zuraunte „Du bisset“, am Samstag fast 1100 Tage zurück. Und Koenemann bekannte ganz offen, es sei auch die Erinnerung an solche Momente gewesen, „die mich zwei Jahre über Wasser gehalten haben“.
Zwei Mal hatte der heute 65-Jährige vergeblich gehofft, Neuss würde Schützenfest feiern können, zwei Mal ließ die Corona-Pandemie das nicht zu. So dehnte sich die Regentschaft von Kurt und Beate Koenemann auf 155 Wochen aus, die Schützenpräsident Martin Flecken „teils ungewiss, teils aufregend, teil zweifelnd aber oft auch schön“ nannte. 1,27 Prozent seiner langen Amtszeit lagen nach dem Königsehrenabend am Samstag noch vor dem Schützenkönig, rechnete Flecken vor, dann darf Neuss feiern und seinen „Normalzustand“ genießen. „Denn Neuss ist nur Neuss, wenn es sein Schützenfest hat.“
Koenemann für Beibehaltung
des Wackelzugs wie er ist
„Endlich, endlich“ war deshalb das Schlüsselwort für diesen Sommerabend. Die Schützen lebten die so ausgedrückte Erleichterung in den Biwaks, in der Stadthalle und nach dem Heimgeleit (noch lange) in der Innenstadt aus.
Und Flecken benutzte diese Formulierung ebenso wie nach ihm der König und Laudator Robert Rath, der schon zur Krönung des Schützenkönigs im September 2019 das Wort ergriffen hatte. „Damals war es unvorstellbar, dass ein Fest in Friedenszeiten ausfallen könnte“, sagte Rath, der das Bild eines bodenständigen, sympathischen, immer akkurat auftretenden und dabei stets nahbaren Schützenkönigs zeichnete. Vor allem rief er den Einsatz des Königs aus dem Schütenlustzug „Die Oberjä(h)rigen“ für mehr Respekt gegenüber Polizei- und Rettungskräften und mehr Anerkennung für das Ehrenamt in Erinnerung. „Ihn macht wütend, wenn dem Ehrenamt kein Respekt gezollt wird.“
Koenemann selbst unterstrich diesen Gedanken, sagte den Schützen insgesamt Dank für deren – so wörtlich – unglaubliche Hilfsbereitschaft während der Pandemiejahre und formulierte zum Schluss noch ein persönliches Anliegen. Er habe früher zu jenen gehört, die den Wackelzug am Dienstagabend verändern wollten, bekannte er. Jetzt bat er: „Behaltet ihn so bei. Seht ihn als ein Geschenk für den neuen König.“ Denn für diesen sei dieser Umzug voll überbordender Lebensfreude ein besonderes Erlebnis.
Einen Schatten auf die schützenfestliche Vorfreude wirft in diesen Tagen allerdings die Debatte um Korpszuschüsse und die wirtschaftliche Situation des Neusser Bürger-Schützen-Vereins ein. Dessen Präsident ging am Samstag nur am Rande darauf ein, gab aber zu, dass der Anteil der Kosten, der nicht von der Stadt und ihren Töchtern über Sponsoring gedeckt wird, größer werden muss.
Doch ein ungewöhnlicher Schritt ließ erkennen, wie groß die Not ist. Denn Flecken startete die Aktion „1000 Schützen à 100 Euro.“ – „Spendet, wir sind dankbar dafür“, sagte Flecken.