Neuss. Lake George? So tauften die Bewohner ihre Stadt nach der unterbliebenen Hilfeleistung durch die Regierung George Bush, nachdem Hurrikan Katrina 2006 New Orleans verwüstete.
Über Lake George und die Geschichte dahinter, kann sich der Theaterbesucher informieren, wenn er das Programmheft zur Inszenierung von Tennessee Williams Stück "Endstation Sehnsucht" kauft, das am Wochenende unter der Regie von Dominik Günther im Rheinischen Landestheater Premiere feierte.
Der Regisseur nimmt Bezug auf die Stadt, in dem er Stanley Kowalski und seine Freunde, die Figuren aus Williams Bühnenklassiker, eine Surfschule in New Orleans eröffnen lässt. Kowalski gehört zur Unterschicht - und es sind gerade diese Menschen, die von den Auswirkungen des Hurrikans besonders betroffen waren.
Mit der Inszenierung ist dem Landestheater etwas gelungen, das an deutschen Theatern häufig versucht, aber selten erreicht wird: Einen Klassiker in einen aktuellen Bezug zu stellen, ohne ihn zu verunstalten. Das liegt zum einem an dem provokanten schwarzen Humor und zum anderen am exzellenten, kraftvollen Spiel der Darsteller, allen voran Hergard Engert als Blanche und André Felgenhauer als Stanley.
Die Inszenierung wirkt vor allem durch den Kontrast von Humor mit dem immer wiederkehrenden Hit der Beach Boys "Surfin’ USA" und dem eindringlichen Spiel des Ensembles. Hergard Engert gelingt es, die Verlorenheit der Figur zu transportieren, ohne sie als reines Opfer darzustellen.
André Felgenhauers Stanley ist ein gleichwertiger Gegenpol, ein Kraftmensch, der sich im Angesicht der Katastrophe nicht selbstmitleidig zurücklehnt und lamentiert, sondern das Beste draus macht, frei nach dem Motto: Es kommt die große Flut, also her mit den Surfbrettern.
Tennessee Williams präzise Darstellung menschlicher Abgründe und heimlicher Sehnsüchte geht in der Inszenierung vor lauter aufdringlich witzigen und bemüht originellen Regieeinfällen nicht unter, ganz im Gegenteil. Der Regisseur fordert seinen Darstellern ein Höchstmaß an emotionaler Tiefe und körperlichem Einsatz ab.
Gegen Nostalgie-Effekte schützt sich das minimalistische Bühnenbild von Heike Vollmer. Es zwingt die Akteure und auch den Zuschauer, sich direkt und unmittelbar mit den Nöten und Begierden ihrer Figuren auseinandersetzen. Das Publikum applaudierte begeistert.
“ Weitere Aufführungen: 17., 18. und 20.Oktober, jeweils um 20 Uhr