Der Tod von Papst Franziskus bewegt die Menschen in Neuss. Als Oberpfarrer Andreas Süß die Nachricht am Ostermontag erhalten hat, war es kurz nach 10 Uhr, der Gottesdienst hatte bereits begonnen. „Unser Küster hat die tiefste Glocke des Münsters direkt geläutet“, erzählt Süß.
Genau wie viele andere Gläubige habe er noch am Ostersonntag in einer Übertragung verfolgt, wie Papst Franziskus über den Petersplatz gefahren ist – und sich Zeit genommen hat, um Kinder und Kranke zu segnen sowie den Segen „Urbi et Orbi“ zu spenden. Auf die große Menschenliebe des Papstes sei Süß dann auch in seiner Predigt am Ostermontag eingegangen: „Nach Papst Benedikt war es Papst Franziskus, der Gottes Barmherzigkeit verkündet hat“, meint Süß. Ihm sei es ein besonderes Anliegen gewesen, den Menschen am Rande der Gesellschaft nahe zu sein. So erinnert sich Süß noch, wie das Oberhaupt der katholischen Kirche an einem Gründonnerstag Straffälligen im Gefängnis die Füße gewaschen hat. Und noch etwas hebt der Neusser Oberpfarrer hervor: 2015 gab es bereits das päpstliche Schreiben „Laudato Si“, in dem Franziskus die gemeinsame Verantwortung für die Schöpfung herausstreicht. „Das hatte eine weitreichende Wirkungsgeschichte“, sagt Süß. Ebenso zu nennen sei seine Enzyklika „Wir sind alle Geschwister“, die die Würde aller Menschen betont.
Nach seiner Predigt lud Süß zum Innehalten ein: „Um 12 Uhr haben dann alle Glocken der pastoralen Einheit geläutet, um zum gemeinsamen Gebet für Papst Franziskus zu laden“, sagt er. Denn die Kirchen standen den Gläubigen am Ostermontag offen. Das Quirinusmünster, das 2009 von Papst Benedikt zur Basilika Minor erhoben wurde, spiele da als Anlaufstelle noch einmal eine besondere Rolle, so Süß.
Weltweit wird die Nachricht über den Tod von Papst Franziskus als „großer Verlust“ wahrgenommen. Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki trauert um ihn als „unermüdlicher Anwalt der Schwachen und der an den Rand Gedrängten.“ Mit seinen Besuchen auf Lampedusa und der griechischen Insel Lesbos habe er früh Akzente gesetzt, so Woelki.
All das spiegelt sich in den Reaktionen und Wahrnehmungen der Neusser wider: „Er war wirklich für die Menschen da, das hat man in jeder Hinsicht gemerkt“, sagt Jochen Koenig, der als Hausgeistlicher im Kloster Immaculata wirkt. Besonders schätzt Koenig, dass Papst Franziskus die gesamte Kirche in einem synodalen Prozess zusammengerufen hat. „Er hat alle an einen Tisch geholt und miteinander ins Gespräch gebracht, das hat es vorher nicht gegeben.“ Nun hofft Koenig, dass der Nachfolger niemand ist, der „das Rad wieder zurückdreht.“
Die kommenden Tage werden
von Trauer geprägt sein
Dem schließt sich Jutta Köchner, die Vorsitzende des Kreiskatholikenrats, an.Die Veränderungsbemühungen des Papstes habe sie hoch geschätzt. Dabei bezieht sie sich auch auf seinen Einsatz für die Stellung der Frau in der Kirche. Immerhin habe er zahlreiche Frauen in Führungspositionen berufen und dadurch einiges angestoßen. „Im Rahmen seiner Möglichkeiten hat er viel bewegt“, sagt Köchner.
Nicht weniger erschüttert zeigt sich Thomas Schröder Bezirksbundesmeister der katholischen Schützenbruderschaft im Bezirk Neuss. „Gerade in Zeiten wie diesen braucht es einen Menschen wie ihn, der sich für Frieden und Völkerverständigung einsetzt“, meint er. Dazu gehöre auch, dass er den Respekt für den Menschen immer in den Mittelpunkt gestellt hat.
Das bezieht sich auch auf den Glauben. „Die Kirche ist für alle da“, war eine der Aussagen von Papst Franziskus, der immer wieder auch für die Ökumene Zeichen gesetzt hat. Nicht nur deswegen wird sein Tod auch von der nicht-katholischen Seite betrauert. So zeigt sich auch Sebastian Appelfeller, Leiter des evangelischen Gemeindeverbandes in Neuss, über die Nachricht bestürzt. „Wir sind heute alle traurig“, sagt er. Der erste Papst aus Lateinamerika habe den Blick auf die Not in der Welt gelenkt, die vielen nicht in dem Maße bewusst gewesen sei. „Unabhängig von der Konfession ist es schade um jede Stimme der Kirche, die nicht mehr gehört wird“, sagt Appelfeller, den ein Besuch im Jahr 2017 bei Papst Franziskus tief beeindruckt. Seine Gedanken seien in dieser Zeit nun vor allem bei seinen katholischen Amtsbrüdern.
Die kommenden Tage werden in der Kirche von der Trauer um Papst Franziskus geprägt sein. Oberpfarrer Andreas Süß kündigt an, ein Kondolenzbuch auszulegen und Fürbitten in den Gottesdiensten zu lesen. Außerdem werde für den 30. April, den Festtag von St. Quirin, ein Requiem in St. Quirin anvisiert. Hinzu kommt die ohnehin geplante Quirinus-Oktav, die am Samstag um 17.30 Uhr mit einem „Nightfever“ eröffnet wird. „Papst Franziskus hat das Jahr unter das Leitwort ,Pilger der Hoffnung‘ gesetzt“, sagt Süß, „und das greifen wir in den Tagen immer wieder auf.“ Dazu passe auch der Weg der Hoffnung, der ab Dienstag für alle Menschen von 9 bis 18 Uhr im Quirinusmünster erfahrbar ist.