Neusser Kammerakademie mit Walzerklängen und Mafiageschichten
Unter dem Motto „Ströme des Lebens“ bot die Kammerakademie ein unterhaltsames Programm.
Neuss. Grimmige Blicke, dunkle Sonnenbrillen und schwarze Anzüge: Der mächtige Mafiaboss Don Vito Corleone pafft an seiner dicken Zigarre und beteuert, dass Don Heriberto Nappini ihn geholt habe, um für Recht und Ordnung zu sorgen. Die dunkle Seite der Stadt schlägt wieder zu, die Hintermänner rücken ins Blickfeld, Musik ertönt. . .
Statt steifer Moderation unterhielten die drei „Neusser Paten“ alias Chefdirigent Lavard Skou-Larsen, Orchestermanager Martin Jakubeit und Bratscher Milan Milojicic mit dieser kleinen Showeinlage das Publikum bestens. Sie leiteten zur oscarprämierten Filmmusik von Nino Rota aus Coppolas Mafia-Epos „Der Pate“ über.
Das traditionelle Neujahrskonzert punktete gestern aber nicht nur mit rasanten Moderationen und Pointen, sondern überzeugte vor allem musikalisch. „Ströme des Lebens“ lautete das Motto diesmal. Das klug zusammengestellte Programm, durch das wie schon im vergangenen Jahr Daniel Finkernagel informativ und kurzweilig führte, begeisterte das Publikum in der ausverkauften Stadthalle. Doch bevor es losging, richtete Bürgermeister Herbert Napp ernste Worte an die Zuhörer. Die Euro-Krise stelle eine einmalige politische Herausforderung dar, Europa sei zerbrechlicher als gedacht. Europa bedeute aber auch, sich gemeinsam an der Kultur zu erfreuen, sagte Napp und spannte den Bogen wieder zurück zur Musik. Bereits die Ouvertüre zu „Die Rheinixen“ von Jacques Offenbach interpretierte die Deutsche Kammerakademie Neuss am Rhein (DKN) zart und mit der erforderlichen Leichtigkeit. Weiter ging’s mit dem Rheingold-Vorspiel von Richard Wagner, der — wie Finkernagel spitz in Richtung Bundespräsident Wulff bemerkte — nicht nur in den Ferien sich bevorzugt bei Freunden einquartiert habe.
Sopranistin Melanie Hirsch überzeugte stimmlich. Sie schäkerte mit dem amüsierten Publikum, prostete mit einem Glas Sekt zu. Rauschgefahr bestehe nur musikalisch, Alkohol sei für die Stimmbänder der Opernsänger Gift, erklärte Moderator Finkernagel.
Die ansteckende Spielfreude Skou-Larsens war wieder unübersehbar. Er versteht es, dem Orchester seidige Klänge zu entlocken. Mit Smetanas Klassikhit „Die Moldau“ ging es in die Pause. Johann Strauss, Charles Gounod und Franz Lehár reihten sich dann effektvoll aneinander.
Zum Schluss bestimmte „Pate“ Lavard Skou-Larsen noch seinen Nachfolger fürs Dirigat: Sohn Laurits — nicht viel älter als ein Jahr — durfte im Arm seines Vaters zur Freude des Publikums schon mal den Taktstock heben.