So stimmungsvoll war die Königsparade Neuss macht die 200 voll!

Neuss · In seinem Jubiläumsjahr feiert der Bürger-Schützen-Verein mit allen Neussern ein prunkvolles Fest, das seinen Höhepunkt in der Königsparade am Sonntag fand. Heißes Gesprächsthema war auch die Rede des Evangelischen Pfarrers.

Der Schützenlustzug „Nur so“ marschiert mit überdimensionalen „Tüten“, aus denen es aufs Feinste qualmt.

Foto: Andreas Woitschützke

(jasi) Erst vor wenigen Tagen gab Schützenkönig Marc Hillen im Interview an, dass Neuss mit seinem Schützenfest in der „Champions League des Brauchtums“ spielt. Seit Sonntag ist wohl klar, dass es – um im Bild zu bleiben – womöglich sogar für den Titel reichen könnte. Denn die Freude und Passion der 7584 Schützen, die während der Königsparade auf die zigtausenden Besucher überschwappten, suchen bundesweit ihresgleichen.

Womöglich lag es am besonderen Anlass, der bereits seit Monaten seine Schatten vorauswarf – und den auch Schützenpräsident Martin Flecken in seiner Rede aufgriff. „200 Jahre Neusser Bürger-Schützen-Verein – wahrlich eine Erfolgsgeschichte“, hallte es über den Markt. Ein Grund dieses Erfolges sei auch in der Tatsache begründet, dass das Fest in seinen Abläufen und Ritualen seit dem 19. Jahrhundert im Wesentlichen identisch und dadurch authentisch geblieben ist.

Dass sich aber auch der traditionsbewusste NBSV weiterentwickelt, wurde zum Beispiel beim Blick auf die Lise der Ehrengäste deutlich. Dort war mit 3M-Chefin Christin Schack nämlich erstmalig eine Frau zu finden. Die spürbare Unruhe, die in den vergangenen Wochen durch den einen oder anderen thematischen Nebenschauplatz entstanden war, griff Pfarrer Sebastian Appelfeller in seiner Morgenlob-Predigt auf – die auch Stunden später noch Gesprächsthema im Rathaus und darüber hinaus war. In den vergleichweise kurzen, aber dafür umso mehr gefeierten Rede warb der evangelische Pfarrer für einen gepflegten Dialog, der trotz unterschiedlicher Meinungen geführt werden müsse – und zog gleichzeitig eine Parallele vom Neusser Schützenwesen zur evangelischen Kirche, die ebenfalls jahrelang intensiv um eine aktivere Frauenrolle ringen musste. Mittlerweile ist es eine Selbstverständlichkeit, dass es dort Pfarrerinnen gibt. Appelfellers Prognose: Für die Mädchen und Jungen, die am Samstag bei der ersten Kinderparade teilnahmen, wird es im Erwachsenenalter normal sein, gemeinsam und nebeneinander zu marschieren.

Welchen Stellenwert das Schützenfest für die Neusser hat, wurde in einer kurzen Anekdote von Innenminister Herbert Reul deutlich. So habe sich einer seiner früheren Mitarbeiter vertraglich festhalten lassen, während der Feierlichkeiten Ende August frei zu haben. „Das Schützenfest bindet Menschen eben an sich – auch wenn sie gar nicht mehr in Neuss leben“, so Reul, der sich wie die anderen Ehrengäste auch (neben Schack waren das der Apostolische Nuntius Nikola Eterović und der Präsident des Festkomitees Kölner Karneval, Christoph Kuckelkorn) auf Einladung von Bürgermeister Reiner Breuer ins Goldene Buch der Stadt eintrug.

(jasi)