Projekt „Aufwind“: Den Alltag meistern, wenn die Eltern krank sind
Das Projekt „Aufwind“ unterstützt Kinder, bei denen ein Elternteil psychisch krank ist. 6000 könnten betroffen sein.
Rhein-Kreis Neuss. Wenn Erwachsene an einer psychischen Erkrankung leiden, brauchen in vielen Fällen nicht nur sie Hilfe, sondern auch ihre Kinder. Die fühlen sich oft schuldig und haben das Gefühl, die Verantwortung für Mama oder Papa übernehmen zu müssen.
Um sie zu unterstützen und zu entlasten, haben sich jetzt der Caritasverband und die Caritas-Sozialdienste des Kreises sowie der Sozialdienst katholischer Frauen Neuss (SkF) zusammengeschlossen und das Projekt „Aufwind“ ins Leben gerufen.
„Psychische Erkrankungen nehmen in unserer Gesellschaft zu. Wenn Erwachsene erkranken, wird oft nicht an die Kinder gedacht, für die so eine Situation sehr belastend ist“, sagt Martin Braun, Leiter der Caritas-Abteilung Kinder, Familie und Senioren. Er schätzt, dass rund 6000 Kinder und Jugendliche im Rhein-Kreis von der Problematik betroffen sind.
Daher habe man beschlossen, bereits bestehende, aber auch neue Angebote für Kinder aus diesen Familien unter einem großen Projektnamen zu bündeln und zu vernetzen. Für eine Dauer von drei Jahren steht die Finanzierung bereits. Die Gelder stammen aus Stiftungs- und Kirchenmitteln.
Auf die Beratung von betroffenen Familien, Kindern, Jugendlichen und Bezugspersonen hat sich „Balance“, die Erziehungs- und Familienberatungsstelle der Caritas in Neuss spezialisiert. „Ziel ist die Stärkung der gesamten Familie. Wir wollen zeigen, dass auch psychisch kranke Eltern gute Eltern sein können“, sagt Micheline Müller. In persönlichen Gesprächen geht es darum, den Alltag besser zu meistern, Probleme zu verstehen und Lösungswege gemeinsam zu erarbeiten.
Auch das Caritas-Projekt „Kids im Zentrum“ (KiZ) ist Teil von „Aufwind“. Die Mitarbeiter bieten Kindern und Jugendlichen psychisch oder suchtkranker Eltern wöchentliche Gruppentreffen an. „In einem geschützten Rahmen können sich die Kinder dort austauschen, über Probleme reden und Vertrauen fassen“, erklärt Bärbel Rosengart. Zu merken, dass man mit dem Problem nicht allein ist, bedeute für die Kinder oft eine große Entlastung.
Einen ganz anderen Ansatz verfolgt der SkF in Neuss. Er hat ein Patenprojekt auf die Beine gestellt, bei dem geschulte Erwachsene als zuverlässige Bezugsperson für die Kinder und Jugendlichen da sind. „Die Kinder brauchen Normalität außerhalb ihres Zuhauses. Mit ihrem Paten können sie reden, etwas unternehmen oder Hausaufgaben machen“, sagt Gabriele Demming. Momentan ist sie noch auf der Suche nach ehrenamtlichen Paten.
Das Projekt „Aufwind“ bündelt all diese Angebote und versucht, ein Netzwerk aus Hilfe und Beratung zusammenzustellen. „Vieles läuft bislang nebeneinander her und könnte besser koordiniert werden. Fachleute, Schulen, Kitas und Jugendämter müssen für das Thema stärker sensibilisiert werden“, erklärt Ingeborg Glauer von der Caritas. Dirk Jünger, Leiter der Suchtkrankenhilfe der Caritas, ergänzt: „Wenn wir den Kindern helfen, wirkt das oft auch auf die Eltern und somit auf die gesamte Familie zurück.“