Rheinland-Klinikum Neuss Krankenhausleiter freigestellt

Neuss · Aufsichtsgremien nennen Interview-Äußerungen von Nicolas Krämer inakzeptabel.

Für die Initiative „Düsseldorf hält zusammen“ interviewten  Andre Scheidt (r.) und Martin Wilms (l.) über eine Stunde lang Nicolas Krämer. Einige Äußerungen des Geschäftsführer des Rheinland-Klinikums Neuss sorgten für helle Empörung.

Foto: Screenshot: Facebook

Mit der Beurlaubung regieren die Vertreter der Aufsichtsgremien auf ein Interview, das Krämer vergangenen Freitag der Initiative „Düsseldorf hält zusammen“ gegeben hatte. Darin äußerte er sich in einer Art und Weise über Frauen in Pflegeberufen, die die CDU-Fraktionsvorsitzende Helga Koenemann entwürdigend nennt. Sie hatte am Donnerstag gemeinsam mit Elisabeth Heyers, der Vorsitzenden des Beteiligungsausschusses, ein Statement veröffentlicht, in dem sie von den Aufsichtsgremien Konsequenzen gegenüber Krämer fordern. Diese Reaktion so Koenemann, „muss deutlich ausfallen“ – und fiel sie auch. Die Äußerungen und die damit gezeigte Haltung Krämers zur Bezahlung und Motivation insbesondere weiblicher Pflegekräfte zur Ergreifung dieses Berufes, heißt es in einer Erklärung der Verantwortlichen, würden als inakzeptabel und „schädlich für das Ansehen des Krankenhauses und der dort Beschäftigen angesehen“.

Über eine Stunde lang hatte sich Kremer in dem Live-Interview dazu geäußert, wie sich das Rheinland-Klinikum in der Corona-Krise aufstellt, wie viele Betten für Corna-Patienten frei gehalten werden und dass die Kapazitäten auf den Intensivstationen verdoppelt wurden.

Dafür gab es viel Lob in den Kommentarspalten der sozialen Medien, über die das Interview verbreitet wurde. Doch zwei Äußerungen lösten nur Empörung aus: Krämers Satz „Vielleicht träumt die eine oder andere Krankenschwester ja davon, einen Chefarzt kennenzulernen“ wurde im Netz als antiquiert, chauvinistisch und von Betroffenen als „Schlag ins Gesicht“ kritisiert.

Auch sein Versuch im Interview mit dem, wie er sagt, Gerücht Schluss machen zu wollen, dass Krankenpflege „per se schlecht bezahlt ist“, missriet gründlich. Die von Krämer angeführten 55- bis 70.000 Euro Jahresgehalt, die in der Stations- beziehungsweise Pflegedienstleistung und damit an der Spitze der Gehaltspyramide erreicht werden könnten, wurden als „Mondscheingehälter“ tituliert. „Wer behauptet, eine Schwester verdiene nicht schlecht und dabei eine Stationsleitung mit vielen Diensten anführt, hat ja wohl den Knall nicht gehört“, kommentiert zum Beispiel Michaela Robben auf Facebook.

Krämer Ergänzung, dass jemand, der sich für diesen Beruf entscheidet, kein Einkommensmillionär werden wolle, machte die Sache nur schlimmer. Seine Hinweise, dass gerade die Menschen in Pflegeberufen Respekt und Anerkennung verdienen und die Corona-Krise vielleicht der richtige Zeitpunkt sei, um über bessere Tarife für sie zu sprechen, verbesserten den Gesamteindruck nicht. Auch der SPD-Parteivorsitzende Sascha Karbowiak nannte Krämers Äußerungen „unangemessen und falsch“.

Krämers handgeschriebene und dabei so knapp wie deutlich formulierte Entschuldigung, die am Donnerstag jedem der 3800 Beschäftigten in der Gruppe zuging, wurde als Flucht nach vorne gewertet.

Verschärfend kommt aus Sicht der Politik hinzu, dass am gleichen Tag, an dem Krämer im Interview die genannte Krankenhausgehälter als „nicht schlecht“ bezeichnete, die Poiltik über seinen Wunsch diskutierte, den noch bis 2022 laufenden Geschäftsführer-Vertrag vorzeitig zu verlängern – zu verbesserten Konditionen. Wilfried Jacobs hatte die geheim tagenden Vorsitzenden der Neusser Ratsfraktionen damit konfrontiert.

Als Zahlen genannt wurden, so berichten Teilnehmer, „war erst mal Irritation im Saal“. Nicht die Tatsache, dass der Geschäftsführer schon jetzt mehr als das Viereinhalbfache einer Stationsleitung erhält, löste diese Irritation aus. Das, so heißt es, gelte als branchenüblich. Es waren die üppigen Pensionsregelungen, die als „aus der Art geschlagen“ bezeichnet wurden. „Ein Wahnsinnsvertrag“ nannte ihn ein Teilnehmer schon jetzt. Dem Wunsch auf vorzeitige Vertragsverlängerung wurde nicht entsprochen. Stattdessen fordern einige Politiker eine Untersuchung der Frage, „wer damals bei den Verhandlungen geschlafen hat“.

Dafür, dass er seinerzeit gut verhandelt habe, will sich der promovierte Kaufmann Krämer nicht entschuldigen. Wohl aber für einige seiner Äußerungen, die er als unbedacht und ungeschickt mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück nimmt. „Das entspricht nicht meiner Gesinnung“, sagt Krämer, der in seiner Entschuldigung von einem „schweren Fehler“ spricht.