Schnelle Entwarnung bei Bombe am Hafen

Spezialkräfte entschärften den Blindgänger in Neuss in 15 Minuten. Länger dauerte die Klärung der Lage an einer Tankstelle in Grevenbroich.

Foto: Hogekamp

Neuss/Grevenbroich. Die Thermoskannen mit heißem Kaffee waren noch gut gefüllt, ebenso die Platte mit den Schinken-Käse-Croissants. Die Verpflegung für die Hilfskräfte am Einsatzzentrum am Derendorfweg war gut gemeint, doch eigentlich fast unnötig. Denn wie geplant begann die Entschärfung der Zehn-Zentner-Bombe auf dem Gelände des Unternehmens Essity pünktlich um 9 Uhr — und bereits eine Viertelstunde später kam der Funkspruch: Bombe entschärft. Nur wenige Minuten später können die Mitarbeiter des Ordnungsamtes die abgesperrten Straßen wieder freigeben.

Zufrieden zeigte sich Thomas Mathen. Der Einsatzleiter vom Ordnungsamt und seine Mitarbeiter haben schon wesentlich aufwendigere Entschärfungen erlebt, nämlich dann, wenn ganze Wohngebiete evakuiert werden müssen. Das war gestern nicht der Fall. Denn das Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg lagerte in sechs Metern Tiefe im Industriehafen, auf dem Gelände der Firma Essity. Und deren ungefähr 420 Mitarbeiter mussten, wie eine Sprecherin sagte, das Gelände nicht verlassen, waren aber aufgefordert, in den Gebäuden zu bleiben.

„Auf unsere Betriebsabläufe hatte die Entschärfung keinerlei Auswirkungen“, sagte die Unternehmenssprecherin, die die gute Zusammenarbeit mit der Stadt Neuss lobt. Lediglich einen Spaziergänger mit Hund auf der Ölgangsinsel mussten die Ordnungsamtsmitarbeiter informieren und bitten, den Bereich zu verlassen.

Bereits Montag war damit begonnen worden, den Blindgänger Meter für Meter freizulegen. In die Öffnung wurden Brunnenringe gesetzt, an denen gestern Morgen Jost Leisten vom Kampfmittelräumdienst in die Tiefe kletterte. Seit 25 Jahren entschärft er Sprengkörper. „Mit einer kleinen Rohrzange konnte ich den Zünder schnell lösen und dann herausschrauben“, erzählte der Fachmann. Mit einem Bagger wurde die Bombe aus dem Loch herausgeholt, auf einen Lkw geladen und von Neuss zu einem Zerlegebetrieb nach Hünxe gebracht. Dort wird der Sprengstoff verbrannt, der Blindgänger selbst zerschnitten und entsorgt.

Sobald das Loch auf dem Firmengelände verfüllt ist, werden dort vier weitere Stellen untersucht, bei denen Hinweise auf einen „eisenhaltigen Gegenstand“ vorliegen. „Was genau dort liegt, wissen wir erst, wenn die Erde weggebaggert ist“, sagte Leisten. Sollten es weitere Blindgänger sein, müssen er und seine Kollegen wieder anrücken und in die Tiefe steigen.

Bei dem mutmaßlichen Bombenfund in Grevenbroich ist auch nach dem zweiten Tag der Sondierungsarbeiten nicht klar, ob neben der Elsener Tankstelle ein Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg im Boden liegt. Die Arbeiter konnten die Stelle, an der eine Bombe vermutet wird, in etwa vier Metern Tiefe noch nicht erreichen. Die Grabung ging nicht so schnell vonstatten wie erwartet.

Rund 150 Helfer unter anderem des Roten Kreuzes, der Polizei, Feuerwehr und Stadt standen in Bereitschaft, um vor einer Entschärfung binnen weniger Stunden eine Evakuierung in Teilen von Elsen und Fürth zu organisieren. Die Stadt hatte bereits die Bürger gebeten, sich darauf vorzubereiten, gestern bis zum Abend nicht in ihre Häuser zu können. Dazu kam es nicht.

Kurz nach 15 Uhr entschied die Bezirksregierung Düsseldorf, die Arbeiten abzubrechen und heute fortzusetzen. Die Helferschar, die unter anderem am ADAC-Fahrsicherheitszentrum zusammengezogen worden war, zog ab — und rückt heute erneut an. „Wir hätten es begrüßt, wenn die Entscheidung für eine Entschärfung am Dienstag gefallen wäre. Der Aufwand ist enorm. Aber es liegt nicht in unserer Hand“,erklärte Stadtsprecher Robert Jordan.