Schützenmuseum: Alte Fotos belegen den Wandel der Belustigungen rund ums Schützenfest
Alte Fotos belegen den Wandel der Belustigungen rund ums Schützenfest.
Neuss. Ein Rundgang durch das Schützenmuseum lohnt — gerade zur Schützenfestzeit. Mit 200 Objekten wurde 2004 an der Oberstraße begonnen, jetzt umfasst die Sammlung mehrere tausend Stücke. Wer sich Zeit nimmt, entdeckt manch Kurioses.
Nichts eignet sich besser, die Vergangenheit ins Gedächtnis zurückzurufen, als alte Fotos. Davon gibt es im Museum jede Menge. Was heute skurril erscheinen mag, ist meist Zeugnis eines gesellschaftlichen Wandels und galt früher wohl als Selbstverständlichkeit.
So die Kinderbelustigung während des Schützenfests. Es würden sich heute wohl kaum noch Kinder finden, die Freude an Sackhüpfen, Seilchenspringen, Eierlaufen oder dem derben Spiel „Blumentöpfe mit Dreschflegel zerschlagen“ hätten. Ganz zu schweigen vom „Wööschkesschnappe“, bei dem die Teilnehmer an einer Wäscheleine in einiger Höhe aufgehängte Würstchen mit dem Mund erreichen mussten — die Belohnung war Bestandteil des Treibens, denn der herzhafte Biss ins Würstchen war Anfang der 50er Jahre ein eher seltener Genuss.
Ganz ähnlich war das Spiel „Gröschgesööke“ aufgebaut: In einem Teller mit Mehl waren Groschen versteckt, die mit dem Mund aufgestöbert werden mussten. Die Belohnung fiel in diesem Fall in Form harter Währung aus. Damit konnten die Kinder dann zum Beispiel ihr Talent beim Schützenstandautomaten testen. Zweimal zehn Pfennig genügten für das Vergnügen.
Die Dame bevorzugt als Getränk heute neben Wein ein Glas Prosecco. Der Renner in den 50er Jahren: Kalte Ente. Die Mischung aus Wein, Sekt, Mineralwasser und einer Scheibe Zitrone war bei Festivitäten das Standardgetränk des weiblichen Geschlechts. Noch heute wird es in Neuss gern getrunken, etwa beim Krönungsball. Auch die Namensbedeutung kann das Schützenmuseum klären: Kalte Ente soll ursprünglich nach dem Essen als Alternative zum Kaffee gereicht worden sein — als „kaltes Ende“. Der Begriff wurde dann im Lauf der Jahrzehnte offenbar leicht abgeändert.
Eines hat sich in all der Zeit nicht geändert. Schützenzüge haben ihr Stamm-, das Wach- oder Zuglokal. Einige wie den Drusushof gibt es mindestens seit Beginn des vergangenen Jahrhunderts. Hier wurde gefeiert, auch in der schützenfestfreien Zeit zusammen getrunken und die Vergangenheit auf Fotos festgehalten.
Dass Alkohol ein elementar wichtiger Bestandteil des Schützenfestes ist, würde wohl kaum ein Brauchtumsfreund bestreiten wollen. Überraschend ist, mit wieviel sarkastischem Humor sich vergangene Generationen dem Thema gewidmet haben — etwa, wenn Ehefrau und Kinder den betrunkenen Familienernährer im Kinderwagen nach Hause fahren mussten.
Dass alkoholische Getränke übrigens keineswegs immer aus Glas, Becher oder Krug zu sich genommen wurden, beweist eines der älteren Stücke im Schützenmuseum: ein Trinkgefäß von 1635 in Form eines metallischen Schweins. Der Kopf konnte abgeklappt und der Körper wie ein Becher mit Wein gefüllt werden.