Stolze Bilanz von 2,6 Milliarden Euro

Stadtkämmerer Frank Gensler zum ersten Gesamtabschluss.

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WZ: Herr Gensler, die Stadtkämmerei hat jetzt den ersten Abschluss für den „Gesamtkonzern Stadt“ vorgestellt. Er gilt für 2010, die übrigen Abschlüsse sollen bald folgen. Man kennt die Zahlen des städtischen Haushalt. Was bringt ein Gesamtabschluss?

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Frank Gensler: Der Gesamtabschluss erlaubt jetzt eine Einordnung im Vergleich der städtischen Organisationseinheiten.

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WZ: 2007 hat die Stadt auf das NKF, das Neue kommunale Finanzmanagement und damit die „normale“ Buchhaltung, umgestellt. Warum hat es so lange gedauert, bis es einen Konzernabschluss gibt?

Gensler: Weil der Umstieg von der alten Kameralistik auf das NKF 2007 nicht bedeutete, dass wir das gleiche Rechnungswesen gehabt hätten wie unsere Töchter. Wir mussten nach der Umstellung auf NKF das Ganze für die Gesamtbilanz nochmals den HGB-Abschlüssen (Handelsgesetzbuch) anpassen.

WZ: Zu den Zahlen. Die Bilanzsumme liegt bereinigt — Doppelzählungen zwischen Stadt und Töchtern eliminiert — bei gigantischen 2,65 Milliarden Euro. Gesunde, bescheidene Stadt, potente Töchter?

Gensler: Die Bilanzsumme sagt erst einmal überhaupt nichts. Es ist einfach nur die Gesamtheit der Aktiva.

WZ: Der Konzern meldet für 2010 ein Eigenkapital von 908 Millionen Euro. Die Stadt selbst hatte in ihrer Eröffnungsbilanz 2007 allein schon fast 900 Millionen Euro ausgewiesen. Was hat sich da verschoben, und: Ist das insgesamt ein Wert, der Sie zufriedenstellt?

Gensler: Verschoben haben sich die Beziehungen der Stadt zu ihren Töchtern. Das Eigenkapital insgesamt liegt jetzt „ein Schnäpschen“ über dem der Stadt. Man sieht jetzt: Der Vorwurf, die Stadt verstecke Schulden bei ihren Töchtern, trifft nicht zu.

WZ: Sie sind also zufrieden?

Gensler: In Unternehmen bildet man bekanntlich Quoten, für Kommunen gibt es da keine Regeln. Trivial ist natürlich: je höher, desto besser. Die Frage wird erst interessant im Jahresvergleich.

WZ: Alle Verbindlichkeiten addiert und konsolidiert, ergibt sich ein Wert von etwa einer Milliarde Euro. Zuviel?

Gensler: Weniger wäre natürlich besser. Aber ich muss schon sagen: Bei einem Vermögen von 2,6 Milliarden Euro ist das kein ganz schlechter Wert. Der Gesamtfehlbedarf liegt bei nur 6,7 Millionen Euro — im Jahr 2010. Kleine Preisfrage meinerseits: Wie sähe das in Düsseldorf aus, das sich doch so gern mit dem Etikett „schuldenfrei“ schmückt? Ich sage: Das ist bei einer Konzernbetrachtung auch nicht der Fall. Auch die Düsseldorfer Töchter haben erkennbar Schulden auf dem Kreditmarkt.

WZ: Wer ist bei den Neusser Töchtern der Schuldentreiber?

Gensler: Die Töchter treiben nicht. Natürlich haben Bauverein, ISN (die Stadtentwässerung) oder das Gebäudemanagement hohe Kapitalkosten. Aber das sind auch die Teile des Konzerns, in denen das meiste Kapital — und Fremdkapital — gebunden ist.

WZ: Wie aussagekräftig ist eine solche erste Gesamtbilanz? Ergibt sich ein tatsächlicher Wert erst, wenn die Folgebilanzen vorliegen?

Gensler: Aussagekräftig ist die Eröffnungsbilanz, weil mit den Zahlen von 2009 verglichen wird. Da wir aber die Rohdaten für 2011 und 2012 kennen und auch die Eckdaten für 2013, können wir schon sagen, dass sich im wesentlichen nichts ändern wird. Und das betrachten wir doch mit Wohlgefallen.

WZ: Die Stadt erwartet dank des Überschusses aus dem Jahr 2013 auch für dieses Jahr einen ausgeglichenen Haushalt. Welche Tochter wird Ihnen in diesem Jahr besondere Freude machen? Und wer wird die Gesamtbilanz des Jahres 2014 schmälern?

Gensler: Das wird immer ungerecht. Mein persönlicher Anspruch ist: Die Kurve der Eigenkapitalentwicklung sollte waagerecht verlaufen. Wir müssen es nicht auf Teufel kommt raus aufbauen, sollten es aber auf dem bestehenden Niveau sichern. So können wir gut unsere vielfältigen Aufgaben im Konzern erfüllen.

WZ: 908 Millionen Euro Eigenkapital: Könnte man nicht sagen, die Hälfte reicht auch?

Gensler: Ja, wenn man auch in der Bilanzsumme entsprechend runterfährt. Und das heißt: sich von Aufgaben trennt. Wichtig ist, dass das Gleichgewicht stimmt. Bei den Zahlen, wie sie jetzt vorliegen, muss man aber sagen: Es ist doch eigentlich gar nicht so schlecht.