Sven F. belastet nun seine Ehefrau

Der Neusser, der seinen elf Jahre alten Neffen getötet haben soll, hat sein Geständnis widerrufen.

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Neuss. Spektakuläre Wende im Prozess um Sven F.: Der Neusser, dem die Staatsanwaltschaft Düsseldorf vorwirft, seinen elf Jahre alten Neffen Jörg im Oktober 2017 getötet zu haben, hat am Freitag sein Geständnis widerrufen. Zum Prozessauftakt hatte der Angeklagte noch von seiner Pflichtverteidigerin Dagmar Loosen eine Einlassung verlesen lassen, in der er gestand, für die schweren Verletzungen des Jungen verantwortlich zu sein. Am Freitag gab er plötzlich an, dass er seine Ehefrau decke, die eigentlich für die tödlichen Verletzungen des Jungen verantwortlich sei. „Wer war es?“, fragte die Mutter des toten Jungen, Nebenklägerin Natascha Funke, zuvor unter Tränen in Richtung ihres Bruders.

Den Schilderungen des Angeklagten zufolge habe er an jenem Tag mit Kopfhörern am Computer gesessen. Plötzlich sei er von seiner Ehefrau angetippt worden. Sie soll gesagt haben, dass sie die Tür zum Badezimmer nicht öffnen kann. Als Sven F. sich Zugang zum Bad verschaffte, habe er den leblosen Jungen in der Wanne vorgefunden, mit der Reanimation begonnen und den Notruf gewählt. Erst abends habe er seine Frau zur Rede gestellt, die daraufhin gesagt habe, dass sie die Verletzungen des Jungen zu verantworten habe. Über ein mögliches Motiv herrscht noch Rätselraten. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.

Bereits am vierten Prozesstag änderte sich die Sachlage, als Dagmar Loosen die Entpflichtung als Pflichtverteidigerin beantragte. Als Grund führte die Anwältin unter anderem Zeugenaussagen auf, aus denen hervorginge, dass der Neusser die Tat nicht begangen habe, sondern er mit seinem Geständnis ein Familienmitglied schütze. Weitere Faktoren für ihre Entscheidung konnte sie aufgrund ihrer Schweigepflicht nicht mitteilen. Einer dieser Zeugen wurde am Freitag angehört. Dabei handelte es sich um einen Mithäftling aus der Justizvollzugsanstalt Duisburg-Hamborn, der Einblicke in das Haftleben mit dem Neusser schilderte.

Gleich zwei unterschiedliche Versionen zu den Tatvorwürfen soll der Neusser ihm gegenüber angegeben haben. „Am Anfang hat er behauptet, er sei in Untersuchungshaft wegen unterlassener Hilfeleistung, weil er die Reanimation des Jungen zu spät begonnen habe“, so der Mithäftling. Wie es zu den Verletzungen des Jungen kommen konnte, habe Sven F. sich nicht erklären können. „Er sagte, er habe den Jungen leblos in der Badewanne gefunden, als er nach Hause kam“. In der JVA pflegten der Zeuge und der Neusser zunächst eine Art Vertrauensverhältnis, sie besuchten sich beim sogenannten Umschließen gegenseitig in ihren Zellen.

Im Laufe der Zeit soll der Neusser dann eine andere Version der Geschehnisse erzählt haben: Diesmal habe Sven F. angegeben, nur einen Sohn schützen zu wollen, der aus einer früheren Beziehung stamme. Der Angeklagte habe ihm auch erzählt, dass jener Sohn Dagmar Loosen aufgesucht habe, um mitzuteilen, dass er die Tat begangen habe. Sven F. habe ihm erzählt, dass er seinen Sohn am nächsten Tag in einem Imbiss wieder getroffen habe. Dieser habe ihm gesagt, dass er Jörg aus Wut verprügelt habe. „Für mich stand im Laufe der Zeit fest, dass diese Version eine Schutzbehauptung ist“, so der Mithäftling, der sich zunächst gut mit Sven F. verstand, jedoch später bemerkt habe, dass es sich um eine „egozentrische Person“ handele.

Mit schwersten Verletzungen musste Jörg am 5. Oktober in der Weckhovener Wohnung seines Onkels reanimiert werden. Der Junge kämpfte bis zuletzt um sein Leben, am 17. Oktober wurden die lebenserhaltenden Maschinen aber abgeschaltet.