Verkehr setzt Wirtschaft zu

Angesichts der Verkehrssituation, bei der viele Rheinbrücken für Lkw nicht nutzbar sind, ist bei Firmen Kreativität gefragt.

Neuss. Berufsverkehr — und immer wieder Staus rund um das Autobahndreieck Neuss-Süd. Dabei werden derzeit nur Kanäle in der Zufahrt von der Autobahn 46 erneuert, nicht aber auf der A 57 selbst gebaut. Des Rätsels Lösung hat nach Darstellung von Oliver Fellinger etwas mit der Gesamtverkehrslage zu tun. „Welche gute Brücke führt denn noch über den Rhein?“, fragt der Planer beim Landesbetrieb Straßen NRW, dem dazu nur noch zwei einfallen: die Flughafenbrücke (A 44) und die Fleher Brücke (A 46) zwischen Neuss und Düsseldorf.

Foto: umi/Contargo

Was für den Planer ein (zu behebendes) Faktum und die Autofahrer ein Ärgernis ist, trifft viele Wirtschaftsbetriebe ins Mark. Allein die Verluste für die Spediteure, die von der Sperrung der Autobahnbrücke der A 40 bei Duisburg betroffen sind, beziffert die IHK Mittlerer Niederrhein mit 900 000 Euro. „Täglich“, wie Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz ermitteln ließ.

In dieser Situation etabliert die Neska, eine Tochter der Häfen und Güterverkehr Köln AG (HGK) und damit Teil des Logistik-Riesen Rhein-Cargo, ein „Wassertaxi“. Das transportiert derzeit ausschließlich leere Schiffscontainer vom Hafen Duisburg-Ruhrort zum Krefelder Hafen — und umgekehrt. Je nachdem, wo sie von den Reedereien benötigt werden. Container, die sonst Lastwagen über den Rhein geschleppt hätten. Mehr als 100 Lastwagen-Transporte spart dieser Shuttle nach Angaben des Unternehmens Tag für Tag ein. „Da sieht man, wie verzweifelt einzelne Unternehmen sein müssen“, sagt Steinmetz mit Blick auf eine, so wörtlich, katastrophale Verkehrsinfrastruktur, die die Standortfaktoren der Region negativ beeinflussen kann. „Wir verlieren Zeit, wir verlieren Geld — und damit die Region auch einen Wettbewerbsvorteil.“

Rainer Schäfer, Geschäftsführer der zur Rhein-Cargo gehörenden Neuss-Düsseldorfer Häfen (NDH) und mitverantwortlich für das Krefelder Tochterunternehmen, ist begeistert von der aus der Not heraus geborenen Innovation. „Effizient und kostengünstig“, fasst er die Vorteile zusammen. „Die Lösung beweist, dass das Binnenschiff auch auf kurzen Strecken konkurrenzfähig sein kann“, sagt Schäfer, der sich das Wassertaxi als Teil einer „Langfrist-Strategie zum Austausch von Leer-Equipment“ vorstellt. Er hofft, dass ein solches „Taxi“ bald auch die Terminals in Neuss und Düsseldorf ansteuert.

Eine Brücke, ergänzt Margit Hartung von der HGK, könne das Wassertaxi nie ersetzen. Wichtig sei aber, dass Kreativität gezeigt wird. „Uns wird noch viel einfallen müssen angesichts der kaputten Rheinbrücken um uns herum“, sagt sie.

Dem kann Verkehrsexperte Thomas Klann nur zustimmen. Die Infrastruktur in der Region sei momentan völlig desolat, sagt der Sprecher der Arbeitsgruppe Logistik der CDU-Mittelstandsvereinigung Neuss. Die neue Landesregierung müsse nun Wort halten und in die Verkehrswege investieren, sagt Klann, der aber hinzufügt: Realistischerweise sei kurzfristig bestenfalls eine Entspannung der Lage möglich. Bis eine echte Entlastung erwartet werden darf, werde wohl zumindest diese Legislaturperiode schon beendet sein.