Vetternwirtschaft oder Sippenhaft?
Der Neusser Bürgermeister Napp hat einen Auftrag an eine Anwaltskanzlei vergeben, in der auch seine Frau arbeitet.
Neuss. Der Neusser Bürgermeister Herbert Napp (68, CDU) hat Fehler bei einer Auftragsvergabe eingeräumt, Korruptionsvorwürfe aber zurückgewiesen. Napp, einer der dienstältesten Bürgermeister Nordrhein-Westfalens, hatte einer Anwaltskanzlei einen Beratungsauftrag erteilt, bei der seine Frau Teilhaberin ist. Dazu sei er berechtigt gewesen, sagte Napp am Montag.
Das Rechnungsprüfungsamt hatte die Vergabe mit einem Volumen von 180 000 Euro kritisiert. Es sei gegen Vergabe- und Dokumentationsvorschriften verstoßen worden.
Die Neusser SPD-Fraktion schaltete die Kommunalaufsicht ein. Es handele sich um einen klassischen Fall von Befangenheit. Napp hätte wegen des Interessenskonflikts nicht an der Vergabe mitwirken dürfen. Dies habe auch das Rechnungsprüfungsamt festgestellt.
Angesichts der Zeitnot, es sei um die Ansiedlung eines Möbelhauses gegangen, habe der Auftrag ohne Ausschreibung vergeben werden dürfen, argumentierte Napp. Eine Kanzlei dürfe auch nicht von der Auftragsvergabe ausgeschlossen werden, nur weil seine Frau dort arbeite. Zu diesem Ergebnis sei auch das Rechnungsprüfungsamt gekommen.
Der Rechnungsprüfungsausschuss habe Fehler erkannt und Optimierungsbedarf gesehen, sagte Herbert Napp: „Das ist keine Lobeshymne auf den Bürgermeister und die Verwaltung.“ Mit Korruption habe dies aber nichts zu tun. Auch mit dem Begriff „Geschmäckle“ könne er nichts anfangen, sagte Napp, der seit 1998 an der Spitze der rheinischen Großstadt steht.
Die Entscheidung hätte besser dokumentiert werden können, räumte Napp ein. Der „entscheidende Fehler“ sei auch das Fehlen einer zweiten Unterschrift unter der Vergabe. Damit werde der Anschein einer Verletzung des Vier-Augen-Prinzips erweckt. Dies sei aber nur einer Nachlässigkeit geschuldet. „Hier sind zweifellos Fehler passiert.“
Ein Sprecher der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft sagte am Montag auf Anfrage, die Ermittler hätten die Medien-Berichterstattung verfolgt und ausgewertet. Zur Aufnahme von Ermittlungen habe dies nach vorläufigem Stand allerdings nicht geführt. Der WDR hatte den Prüfbericht Transparency Rheinland vorgelegt. Ein Sprecher der Anti-Korruptions-Organisation hatte erklärt, dass sich die Vorgänge zumindest in einer Grauzone bewegten.