Zahlreiche U3-Plätze fehlen
Versorgungsquote ist erstmals seit Jahren auf 37,9 Prozent gesunken. Bei der Schaffung neuer Plätze kommt die Stadt kaum hinterher.
Neuss. Viel deutlicher kann Ralf Hörsken im Grunde gar nicht werden. Mit Blick auf den Bedarfsplan Kindertagesbetreuung schlägt der Jugend- und Sozialdezernent mächtig Alarm. „Es hat ein bisschen was von Don Quichote“, sagt Hörsken und wechselt dann die Haltung. Vielleicht weil Don Quichotes Kampf gegen Windmühlen für Ausweglosigkeit steht, und Ausweglosigkeit soll dann doch nicht signalisiert werden. Vielmehr geht es Hörsken in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses am Dienstagabend darum, aufzuzeigen, dass die Stadt bei der U3-Betreuung vor einer Mammutaufgabe steht und kaum hinterher kommt: „Wir kommen Stück für Stück weiter, aber für die Eltern ist das zu langsam.“
Zu Beginn des Kitajahres 2018/19 beträgt die Versorgungsquote im U3-Bereich 37,9 Prozent — und ist damit erstmals seit Jahren gesunken (Vorjahr: 38,9 Prozent). Und das, obwohl seit 2012 in Neuss 755 zusätzliche U3-Plätze geschaffen wurden.
Der Jugendhilfeausschuss hat jetzt die Vergabe von vier Trägerschaften für provisorische Kita-Einrichtungen beschlossen: für die Standorte Kasterstraße und in Allerheiligen (beide: Evangelische Jugendhilfe), am Lindenplatz (Lukita) und für die Kita Weißenberger Weg (DRK). Insgesamt sollten aber sechs Provisorien für das Kitajahr 2018/19 errichtet werden. Und terminiert ist bislang lediglich die Inbetriebnahme an der Kasterstraße und eines Teils am Lindenplatz. „Im Laufe des Kitajahres 2018/19 werden wohl nur zwei Provisorien in Betrieb gehen können“, sagt Hörsken.
Drei Dinge sorgen dafür, dass die Stadt dringend nachsteuern muss — und kaum hinterherkommt. Erstens: Seit 2013 sind die Kinderzahlen im Vergleich zu den Bevölkerungsprognosen stark gestiegen. Und es wird mit einem weiteren Anstieg gerechnet. In der zweiten Jahreshälfte soll daher eine neue fundierte Bevölkerungsprognose erstellt werden. Zweitens: Es gibt eine deutlich höhere Nachfrage nach U3-Plätzen als angenommen. Und drittens: Das städtische Gebäudemanagement (GMN) kommt mit dem Kita-Ausbau nicht hinterher. Wenn geplante Inbetriebnahmen verschoben werden müssen, braucht die Stadt stattdessen Provisorien. Und auch das geht nicht von heute auf morgen. „Wir sind jetzt in der besonderen Situation, dass wir eine Unterdeckung von rund 200 Plätzen im U3-Bereich haben“, sagt Hörsken.
Zwar prüft die Verwaltung seit mehr als einem halben Jahr in Abstimmung mit den Trägern, mit welchen Notfallmaßnahmen man gegensteuern kann. Aber wenn Räume gefunden sind, lauert auch schon das nächste Problem: Es fehlt an Fachpersonal.
Was Neuss aus Sicht des Dezernenten jetzt braucht: Die Stadt müsse die Lösung der Kita-Problematik klar priorisieren. Hörsken will die Jugendhilfepolitiker ins Boot holen. Sie sollen in ihren Fraktionen und anderen Fachausschüssen dafür werben, dass anders geplante Grundstücke für Kita-Bauten genutzt werden.