Händler klagen Nach dem Umzug zum Hauptbahnhof laufen dem Ohligser Markt die Kunden weg

Solingen · Schon die Urgroßeltern von Mirco Marseille kamen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs mit dem Pferdegespann nach Ohligs zum Markt. Er kommt in vierter Generation.

Rudolf Jacobs (links) und Mirco Marseille leiden nach dem Marktumzug zum Bahnhof unter großem Umsatzrückgang.

Foto: Christian Beier

Doch gerne verkauft er vor allem am Dienstag nicht – die Umsätze sind um rund 30 Prozent zurückgegangen, seitdem die Markthändler vom Ohligser Marktplatz vor den Hauptbahnhof und auf den Bremsheyplatz umziehen mussten. Das Rathaus bleibt dabei, die Wochenmärkte nicht wieder selbst durchzuführen, erklärt Ordnungsdezernent Jan Welzel (CDU).

Der Umzug des Wochenmarkts ist durch den Umbau des Ohligser Marktplatzes nötig geworden. Dort soll noch bis ins kommende Jahr alles saniert werden. Die Maßnahme ist Teil der Beschlüsse, dem gesamten Stadtkern mit der zentralen Achse Düsseldorfer Straße ein neues Aussehen zu verleihen. Knapp 6 Millionen Euro will die Stadt dafür mit Hilfe von Landesmitteln in die Hand nehmen.

Solingen: Fünf Monate passierte nichts auf dem Marktplatz

Mirco Marseille ist vor allem enttäuscht, dass die Händler umziehen mussten und dann fünf Monate lang nichts auf dem Marktplatz passiert sei. Rudolf Jacobs von der Veranstalterfirma des Ohligser Marktes und selbst Händler sieht das ähnlich. Der Dienstag sei „nie riesig“ gewesen. Doch jetzt fehle der Geflügelhändler. Samstags stehen nach seinen Angaben 18 Stände am Bahnhof, dienstags sind es ungefähr nur noch fünf. Doch die Wochenmärkte, die Rudolf Jacobs und Herbert Ferres in Ohligs, Wald und Mitte über die Wochenmärkte Unternehmergesellschaft (UG) verantworten und seit 2015 ausrichten, sind auch Teil einer juristischen Auseinandersetzung der Stadt Solingen mit der Eschenburger Genossenschaft Deutsche Marktgilde. Sie möchte den Standort Solingen ins Portfolio aufnehmen, scheiterte aber bei den Vergaben und klagt dagegen.

Für Rechtsdezernent Welzel ist das eine angespannte Situation. Ihm sitzen die Solinger Markthändler auf der einen Seite im Nacken, die auf Planungssicherheit durch eine langfristige Vergabe hoffen. Auf der anderen Seite rückt ihm die Deutsche Marktgilde mit ihren Juristen auf die Pelle, um selbst die Märkte zu betreiben.

Der Ausweg könnte sein, dass die Stadt die Märkte wieder selbst betreibt – was sie seit 2015 aus Kostengründen nicht mehr macht. Daran ändere auch die Rechtsansicht des Oberverwaltungsgerichts (OVG) im laufenden Verfahren nichts, was der Stadt auferlegt, die Märkte nicht „ins rein Private“ abgleiten lassen zu dürfen, erklärt Welzel.

Das mache die Stadt auch nicht, erklärt der Beigeordnete auf Nachfrage. Das OVG ordne die rechtliche Stellung der Stadt als Aufsichtsbehörde so ein, „damit Marktbeschicker und Marktbesucher ihre Rechte gegenüber dem Marktbetreiber im Zweifel auch über die Stadt durchsetzen können“. Viele Städte in Deutschland seien den Weg gegangen, die Märkte durch eine Festsetzung zu vergeben und nicht mehr selbst zu veranstalten. Die wirtschaftliche schlechte Situation der Markthändler nehme das Rathaus ins Auge, versichert Jan Welzel: „Das klingt nach einem Hilferuf, über den wir natürlich mit den Händlern sprechen – wenn sie ihn an uns herantragen.“ Dazu gehört dann nicht der Wunsch von Jacobs und Marseille, die Märkte als Stadt selbst zu organisieren. Welzel sagt, das sei auch wegen der laufenden Verfahren nicht denkbar. Vorschläge dazu gab es von den Wirtschaftsjunioren und dem Initiativkreis, die liegen aber auf Eis.