Diagnose Krebs: Sprockhöveler nimmt die Herausforderung an
Die Ärzte gaben Stephan Wolters eine Prognose von drei bis sechs Monaten. Das ist acht Jahre her.
Sprockhövel. „Die Diagnose hat mir den Boden unter den Füßen weggerissen“, sagt Stephan Wolters. Im Mai 2006 entdeckte man bei ihm ein Merkelzellkarzinom — eine seltene, sehr aggressive und damals noch recht unerforschte Krebserkrankung. Prognose: drei bis sechs Monate.
„Zwei Wochen lang stand ich unter Schock. Ich habe mich um alles gekümmert: Die Hochzeit mit meiner heutigen Frau, damit sie abgesichert ist, das Haus, der Garten. Aber realisiert, was das bedeutet, habe ich nicht. Dann habe ich das erste Mal geweint. Und angefangen zu lesen“, erzählt Wolters acht Jahre später in seinem Haus in Sprockhövel.
„Er hat den ganzen Tag alles gelesen, was er über die Krankheit finden konnte, er war manchmal richtig weg“, erinnert sich seine Frau Gabi. „Aber das war in Ordnung für mich. Ich fand es toll, wie aktiv er mit dem Krebs umgeht. Er hat nie gejammert.“ Jammern ist nicht Wolters Art. Offen spricht er über seine Krankheit und darüber, dass sie ihm eine neue Sicht auf das Leben gab. „Ja, es war ein Schicksalsschlag, aber im positiven Sinne. Die intensiven Gefühle und besonderen Gedanken, die ich auch in meinen Büchern niedergeschrieben habe, hätte ich sonst nicht durchlebt.“
Wolters versuchte, das Beste aus der Krankheit zu machen. Er wurde operiert, fuhr jeden Tag mit seiner Frau nach Essen in die Klinik. Der damals 56-Jährige Lehrer kämpfte von Anfang an. „Aber nie gegen den Krebs“, betont Wolters, „sondern mit ihm.“ Wie er das meint, erklärt Wolters in seinem Internetblog. Ein Schlüsselwort ist Akzeptanz. „Der Krebs ist ein Teil von mir und als solchen habe ich ihn auch angenommen.
Von Anfang an.“ Er habe mit dem Krebs gesprochen, ihn zu einer Person gemacht. „Ich habe dem Krebs immer gesagt: Du kannst weiterleben in mir, das ist in Ordnung. Aber denk dran, wenn ich sterbe, stirbst du auch!“ Es vergingen Monate, dann Jahre. Wolters überlebte, doch der Krebs auch. „Bis heute hat man den Primärtumor nicht gefunden“, sagt er. „Der Krebs bleibt mein Begleiter.“ Ebenso der Tod, doch das erfülle ihn nicht mit Angst, so Wolters, im Gegenteil: „Ich bin mir meiner Endlichkeit sehr bewusst. Dadurch bin ich sehr dankbar für das, was ich habe.“
Stephan Wolters ist ein spiritueller Mensch „Etwas hält mich am Leben“, sagt Wolters. Ob es nun die Methoden der Ärzte sind oder die Kraft des eigenen Glaubens, wisse er nicht. Dass er einen Anteil daran habe, denke er aber schon. Selbstheilungskraft. Ein Thema, das auch unter Schulmedizinern mittlerweile großes Interesse findet. Wolters meditierte, machte autogenes Training - er bündelte seine Energie.
„Und wir waren immer positiv“, sagt seine Frau. „Sonst hätten wir es nicht geschafft.“ Doch sein Weg sei nicht die Lösung für Jeden, das ist Wolters sehr wichtig. Jeder müsse seinen persönlichen Weg finden, die eigenen Kräfte zu aktivieren. „Es ist nicht wichtig, woran man glaubt. Hauptsache, es gibt einem Kraft.“