Für Arbeitsplätze auf die Straße
Rund 400 Beschäftigte von Avery Dennison und O & K Antriebstechnik protestierten am Freitag gegen die Konzernpläne. Zuletzt gab es Ähnliches vor 20 Jahren.
Sprockhövel. Pfiffe aus Trillerpfeifen, Transparente "Ich will Arbeit", flatternde Gewerkschaftsfahnen. Für ein paar Minuten hat der Kampf um Arbeitsplätze beim Sprockhöveler Textiletikettenhersteller Avery Dennison, der die Produktion schließen und 180 von noch 300 Arbeitsplätzen streichen will, am Freitagmittag die Hauptstraße erobert. Die Polizei sperrt eine Straßenseite für die angekündigte Demonstration, die IGMetall und die Betriebsräte von Avery Dennison und der Hattinger O&K Antriebstechnik (dort sind ebenso rund 200 Arbeitsplätze gefährdet) organisieren, kurzzeitig ab.
Autofahrer müssen warten, Passanten drehen sich um. Rund 300 Beschäftige beider Betriebe, zum Teil mit Familie, versammeln sich danach vor der Grundschule Nord zur Kundgebung. "So etwas hat es zuletzt vor 20 Jahren, vor der Schließung von Bergbauzulieferer Hausherr gegeben, damals spielte sich das auf dem Betriebsgelände ab", erinnert sich Bürgermeister Klaus Walterscheid (SPD). Auch die letzte Maikundgebung liege lange zurück.
Walterscheid ist eingeladen, einige Worte der Solidarität von der Bühne zu sprechen. Vertreter aller Parteien verfolgen die Kundgebung, die Linke hat gar ein Wahl-Transparent ausgerollt. Die Beschäftigten - der größere Teil war nach einer Betriebsversammlung in der Glückauf-Halle noch mitgezogen - interessierte das nur am Rand. "Das ist einfach zermürbend", bekannte ein Drucker, der vor 19 Jahren einst bei Rinke begann und die Übernahme durch Avery Dennison und danach mehrere "Umstrukturierungen" mitgemacht hat. Zermürbend auch, dass es immer weniger zu tun gebe, man sich aber ständig kontrolliert fühle.
Luft macht er sich nun mit der Trillerpfeife, wenn von der Bühne eine "herzlose und verfehlte Konzernpolitik" gegeißelt wird: Erst kürzlich die Betriebszusammenlegung mit Paxar, nun schon wieder Arbeitsplatzabbau. "Einige sind vor lauter Sorge krank geworden, andere haben die angebotene Abfindung angenommen und sind freiwillig gegangen", berichtet er leise über die Stimmungslage in der Belegschaft, während von der Bühne kämpferische Worte Richtung Konzernzentrale in Pasadena schallen.
"Wir werden sicher nicht alle Arbeitsplätze retten können, aber vielleicht die Hälfte", ruft der Betriebsratsvorsitzende Björn Kurrek den Kollegen zu. Derzeit lässt der Betriebsrat mit einem Wirtschaftsberater ein Konzept für eine Ausgliederung der Produktion erarbeiten, das anders als der Plan des Konzerns auch weiterhin kleiner Kunden bedient will.
Das wolle man, wenn nötig, in der Europazentrale in London, oder gar den USA präsentieren. "Von Bussen nach London ist schon die Rede. Kurrek: "Damit die sehen, was hier los ist."
Ob sie es interessiert? In Sprockhövel war zumindest am Freitag die Aufmerksamkeit da.