Gesundheit „Ich habe mich selbst nicht eine Sekunde lang bedauert“
Bürgermeister Ulli Winkelmann ist zehn Monate nach seinem Schlaganfall zurück im Amt. Aber er muss es langsam angehen lassen.
Sprockhövel. Ulli Winkelmann ist seit Donnerstag zurück an seinem Schreibtisch. Kein Jahr ist vergangen, seit der Bürgermeister von Sprockhövel im April 2016 einen Schlaganfall erlitten hatte. Aber Ulli Winkelmann ist bereit, wieder an die Spitze der Verwaltung zurückzukehren. „Mir juckt es schon lange in den Fingern. Es war wirklich schwer, die Arbeit loszulassen“, gibt Winkelmann zu.
Seine Ärzte haben grünes Licht gegeben. Stufenweise soll er wieder in die Arbeit zurückfinden. Anfangs mit zwei Stunden am Vormittag, am Nachmittag muss er in die Reha. Seine linke Hand will die Feinmotorik noch nicht in voller Gänze wieder aufnehmen.
Ulli Winkelmann ist aufmerksam, nimmt den Gästen bei der gestrigen Pressekonferenz die Mäntel ab, kümmert sich um Getränkewünsche. Er selber sagt, er spreche etwas langsamer als früher. Das hätten ihm Freunde bestätigt. Manchmal, während des Gespräches, wirkt er ein wenig nachdenklich oder abwesend.
Ansonsten, und abgesehen von der etwas regungslosen linken Hand, merkt man ihm den schweren Schlag kaum an. „Ich selber erinnere mich gar nicht an den Schlaganfall. Obwohl meine Frau sagt, ich sei die ganze Zeit auf dem Weg zum Krankenhaus ansprechbar gewesen. Und hätte ständig Kommentare abgegeben.“ Da muss er selbst schmunzeln.
Im Evangelischen Krankenhaus Hattingen merkten die Ärzte, dass sie ihm hier nicht ausreichend helfen können. Winkelmann wurde zur Neurochirurgie der Uni-Klinik in Bochum gefahren. Dort musste ein Teil der Schädelplatte links über der Stirn herausgenommen werden, so groß war der Druck.
Aber Ulli Winkelmann hatte großes Glück. Weder das Sprachzentrum noch andere wichtige Bereiche im Gehirn haben starke Schäden durch die Unterversorgung mit Sauerstoff erlitten. Gleich nach der lebensrettenden Operation konnte er schon wieder sprechen. „Der Kopf war direkt wieder angeknipst. Darüber bin ich sehr froh“, sagt er. Seine Familie brachte ihm viele Bilder mit ins Krankenhaus, um das Erinnerungsvermögen anzuregen. Vor allen Dingen hätten die ihn aber von den Schmerzen abgelenkt, die ihm sein zusammengetackerter Kopf bereitet hätte.
Noch im Krankenhausbett griff er zum Handy, versuchte, seiner Arbeit zumindest ein bisschen nachzugehen. „Aber die Ärzte und meine Mitarbeiter im Rathaus haben mir schnell auf die Finger gehauen. Ich musste einsehen, dass jetzt gesund werden an erster Stelle steht“, sagt Winkelmann. Obwohl es schwer gewesen sei, loszulassen, habe er Vertrauen in seine Verwaltung gehabt. Seine Aufgaben haben der Beigeordnete Volker Hoven und Angeli Bülow, zuständig für Personal- und Organisationsfragen sowie für Rechtsangelegenheiten, verwaltet.
Bis zum September musste er ohne das Stück Schädelplatte zurechtkommen, dann erst wurde es wieder eingesetzt. In der Reha, wo er die Zwischenzeit verbrachte, habe er sich „wie der Einäugige unter den Blinden gefühlt. Ich habe da so viele verzweifelte Menschen gesehen. Da habe ich mich selber nicht eine Sekunde bedauert.“
Nach Plan soll der Bürgermeister sein Amt Ende Mai wieder in Vollzeit ausüben. Jetzt sortiere er die Dinge erst mal nach dringend und wichtig. Denn wichtig sei alles. „Besonders viele Wirtschaftstermine liegen auch noch auf Halde. Ich werde nach und nach alles abarbeiten“, so Winkelmann. Sorgen, dass man ihm in der Politik wegen seiner Krankheit Steine in den Weg legen könnte, habe er nicht. „Die psychologischen Test haben ergeben, dass ich auch in Sachen Konzentration wieder voll da bin. Es wird dafür keinen Anlass geben.“