Wie realistisch ist die Gemeinschaftsschule?
Innerhalb kurzer Zeit muss geklärt werden, ob die Hauptschule die Eckpunkte erfüllt.
Sprockhövel. Wie berichtet, hat der Schulausschuss am Mittwoch einstimmig beantragt, zu prüfen, ob die Gemeinschaftshauptschule die Bedingungen erfüllt, am Modellversuch Gemeinschaftsschule der neuen Landesregierung teilzunehmen. Doch wie realistisch ist es, die Eckpunkte zu erfüllen, die Rot-Grün erst vor wenigen Tagen an die Städte geschickt hat?
Eine Voraussetzung, nämlich, dass der Anstoß von der Schule selbst kommt, ist erfüllt. "Wir haben Interesse angemeldet, denn wir sehen die Chance, uns weiterzuentwickeln und Trends zum Wohle der Schüler zu nutzen", sagt der Lehrer Olaf Schultes, zuständig für den Ganztag. Derzeit sind Arbeitsgruppen an der Schule damit beschäftigt, das vorhandene pädagogische Konzept auf die Anforderungen einer Gemeinschaftsschule umzuschreiben. Das heißt gemeinsames Lernen in den Klassen 5 bis 6, danach Differenzierung mit der Möglichkeit für alle Schulabschlüsse. Das Anbieten einer gymnasialen Oberstufe vor Ort dürfte allein räumlich nicht möglich sein.
Deshalb müsste ein Kooperationspartner her. Wunschpartner für die gymnasiale Oberstufe wäre die Gesamtschule des Kreises in Haßlinghausen. Dort ist man verwundert über das Tempo der Diskussion. "Wir wundern, uns, dass mit uns noch keiner gesprochen hat", sagt Lehrerin Hannelore Gieseker. Scherzhaft habe man schon gesagt, wir stellen auch einen Antrag, denn die Gemeinschaftsschule sei ja kaum etwas anderes als eine Gesamtschule, soll lediglich den Vorteil kleinerer Klassen (Richtgröße 23 Schüler) haben.
Denkbar wäre für die Hauptschule aber auch eine Kooperation mit Hattinger Gymnasien.
Mit dem bestehenden Ganztagsbetrieb und integrativen Klassen, in denen auch Lernbehinderte unterrichtet werden, erfüllt die Sprockhöveler Hauptschule bereits zwei Forderungen aus dem Eckpunktepapier. Andererseits ist ihre Existenz akut nicht gefährdet. Für ihre Förder- und Bewegungskonzepte sowie die vorbildliche Berufsvorbereitung wurde die Schule mehrfach ausgezeichnet, die Anmeldezahlen sind so stabil, dass vorläufig eine Zweizügigkeit gegeben scheint.
Zeitdruck gibt es jetzt trotzdem, denn die Landesregierung fordert, dass Anträge für das Schuljahr 2011/2012 bis 10. Dezember 2010 bei der Bezirksregierung vorliegen müssen. Von fünf, sechs Baustellen, die bis dahin beackert werden müssten, spricht Evelyn Müller, Fachbereichsleiterin der Sprockhöveler Schulverwaltung bis dahin. Zuerst muss eine Elternbefragung durchgeführt werden, um das Interesse abzuklopfen. Wie genau die aussieht, konnte noch niemand sagen. Dann muss es eine Verständigung mit Hattingen geben, denn zu den potenziellen Schülern einer Gemeinschaftsschule würden auch Sprockhöveler Kinder gehören, die derzeit weiterführende Schulen in Hattingen besuchen. Aktuell sind das 781.
Auch in Hattingen ist die Diskussion über die künftige Schullandschaft entbrannt. Im Sommer hatte der Rat die Auflösung der letzten Hauptschule abgelehnt, in der nächsten Woche wird über einen Antrag der Linken beraten, selbst eine Gemeinschaftsschule einzurichten. Dezernentin Beate Schiffer warnt aber vor Hast durch die enge Terminsetzung der Landesregierung: "Bevor wir Schnellschüsse machen und unsere bestehende Schullandschaft zerstören, muss man erst einmal sorgfältig prüfen, was geht." Den Druck sieht sie nicht so groß wie in ländlichen Gemeinden. "Wir haben hier schließlich alle Schulformen." Bevorstehenden Gesprächen mit Sprockhövel gegenüber zeigt sie sich aufgeschlossen. "Wir haben großes Interesse daran, das gute Verhältnis fortzuführen", sagt sie. Aber schließlich sei auch noch die Politik zu beteiligen. In Hattingen gibt es - ähnlich wie in Sprockhövel - Anfang November die nächste Schulausschusssitzung.