„Wir wollen keine großen Veränderungen in der Stadt“

Bürgermeister Klaus Walterscheid spricht über das neue Leitbild für Sprockhövel und seinen Zweck.

Sprockhövel. Im Jahr 2005 hat der Rat beschlossen, ein Stadtleitbild für Sprockhövel zu erstellen. In Arbeitsgruppen wurde ein Konzept erarbeitet, das schließlich in der jüngsten Ratssitzung verabschiedet wurde.

Herr Walterscheid, ist das neue Leitbild für die Stadt Sprockhövel gelungen?

Klaus Walterscheid: Das kommt darauf an, was man mit dem Leitbild bezweckt. Sinn war und ist, dass jemand einen ersten Eindruck von Sprockhövel bekommt. Das Leitbild soll kurz und zusammenfassend darstellen, was Sprockhövel ist und sein will. In Amerika sagt man dazu "The first glance", der erste Eindruck. Ein weiterer Zweck ist der, dass wir wissen wollten, was den Bürgern wichtig ist. Gerade in Zeiten knapper Mittel: Wo setzen wir Prioritäten - wenn nicht alles Wünschenswerte umsetzbar ist.

Auf den ersten Eindruck bezogen: "Der Erziehungsstandort Sprockhövel soll Mitbürgern aller Altersgruppen beim lebenslangen Lernen unterstützen." Oder aber, "die Pflege der Freizeit-, Kultur-, und Sportangebote sind ein besonderes Anliegen der Stadt." Wird mit diesen Aussagen klar, was die Stadt ausmacht, wohin sie will? Oder gilt das nicht vielmehr für alle Städte?

Walterscheid: Das Leitbild als Fließtext soll neugierig machen auf das, was sich hinter dem Text, der mehr oder weniger glücklich formuliert ist, verbirgt. Wenn sich jemand dafür interessiert, kann er alle Protokolle aus Sitzungen nachlesen. Sie sind frei zugänglich auf der Internetseite der Stadt.

Insgesamt hat es fünf Jahre gedauert, bis das Leitbild beschlossen wurde. Das Resultat ist kurz ausgefallen, das war geplant. Doch ist es auch sehr allgemein gehalten. Was hat so lange gedauert?

Walterscheid: Es hat drei Jahre gedauert. Die Zeit vorher war reine Vorbereitung. Außerdem ist die Endfassung schon länger fertig. In den vergangenen Ratssitzungen war aber kein Platz dafür.

In der Sitzung vom 17. Dezember 2009 wurde das Leitbild nochmals vertagt. Warum?

Walterscheid: Die Fraktionen waren sich nicht einig darüber, wie das Endprodukt aussehen sollte. Anfangs war es nur in Stichpunkten verfasst. Die Mehrzahl der Fraktionsmitglieder wollte jedoch einen Fließtext. Die Fraktionen haben sich nochmals zusammen gesetzt. Das fertige Leitbild wurde dann am 7. Oktober dieses Jahres vorgestellt.

Aber nach so langer Zeit ist eine der Kernaussagen etwa, dass Sprockhövel "den Demografischen Wandel aktiv begleiten will". Das ist eine Selbstverständlichkeit. Warum gibt es keine konkreteren Ansätze?

Walterscheid: Der Demografische Wandel und die finanzielle Lage sind nunmal die zentralen Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen. Unser Leitbild sagt, dass trotz dieser Faktoren Sprockhövel ein attraktiver Ort für Wohnen und Gewerbe ist und bleiben soll. Dass wir dieses erhalten wollen, und ausbauen werden. Die Sprockhöveler fühlen sich im Ist-Zustand wohl. 92 Prozent haben bei einer Umfrage angegeben, dass sie gerne in Sprockhövel leben.

Also ist das Leitbild eine allgemeine Beschreibung, wie Sprockhövel ist. Nicht, wohin es will?

Walterscheid: Wir wollen keine großen Veränderungen oder Umschwünge. Das, was wir haben, ist das mittelständische Gewerbe mit 40 bis 50 Mitarbeitern, ist die wunderschöne Landschaft, ist das vielfältige Gemeinschaftsleben. Das gilt es zu bewahren und langsam auszubauen. Altbewährtes soll sich langsam weiter entwickeln können.

Und wie?

Walterscheid: Da ist Fingerspitzengefühl und Augenmaß gefragt. Dafür gibt es kein Patentrezept.

Gibt es Visionen?

Walterscheid: Ja. Nicht viel anders machen müssen, ist die Vision.

Halten Sie das Ergebnis "Leitbild für Sprockhövel" nach Jahren der Arbeit, bei der die Stadt, die Verwaltung, aber auch Experten sowie Verbände und Vereine einbezogen wurden, für gerechtfertigt?

Walterscheid: Ja. Denn der Diskussionsprozess selbst hat einen Eigenwert. So haben wir vieles herausgefunden.

Und Jetzt noch eine persönliche Frage. Was ist Ihnen an Sprockhövel wichtig. Nicht als Bürgermeister, sondern als Klaus Walterscheid?

Walterscheid: Die vielen Menschen die ich kenne. Ich bin hier aufgewachsen (lacht). Und die Mentalität. Hier kommt das Ruhrgebiet, das Bergische und das märkische Sauerland zusammen. Die Menschen fühlen sich als Ruhrpottler. Die Fachwerkhäuser sind typisch Bergisch. Und aus dem Sauerland kommen die Gewerbebestandteile. Das ist eine gute Mischung.