Zu Gast im zweiten Wohnzimmer
Seit 30 Jahren ist Klaus Fichtel Wirt im Jägerhof. Ein Besuch an der Theke.
Haßlinghausen. Vor dem Jägerhof an der Mittelstraße genießen fünf Gäste den lauen Sommerabend, von drinnen klingt Lachen heraus. Geht man hinein, hört man auch die Würfelbecher, die an der Theke geschüttelt werden. Zwölf Gäste, alle an der Theke. Dahinter zapft Klaus Fichtel weitere Pils an. Flaschen mit Höherprozentigem sind über der Theke aufgereiht. Es herrscht fröhliche Feierabendstimmung.
Fichtel hat gut zu tun. Eine neue Runde für die Thekengäste, Getränke für draußen, eine Sonderbestellung Weizen mit Eis, die Dart-Spieler im Hinterzimmer ordern Cola und Wasser. Im 30. Jahr ist Klaus Fichtel Wirt im Jägerhof, den er mit seiner Frau Brigitte betreibt. Essen kann man dort nicht. Ausnahme: Wenn Brigitte Fichtel fürs Skatturnier Kuchen gebacken hat: Dreimal im Monat wird organisiert gereizt und gestochen.
Für viele ist der Jägerhof das zweite Wohnzimmer: „Ich bin wegen der Gemeinschaft hier“, sagt Günter Jasnoch. Sein Name steht auf seinem persönlichen Knobelbecher, daneben hat er den Schalkeaufkleber platziert. „Nach Feierabend komm ich hier ’rein“, sagt der, den sie Passi nennen. „Ein bisschen Spaß machen, nette Leute treffen.“ „Das bin ich“, ruft einer herüber, der aufmerksam zugehört hat. „Ja“, sagt Passi, „alte Freundschaften pflegen.“ „Aber es ist schon ruhiger geworden“, sagt der Gast mit dem Spitznamen Kata. „Kein Wunder nach dem Quatsch mit dem Rauchergesetz.“
Für die Raucher hat Klaus Fichtel draußen extra ein Dach gebaut. Trotzdem kommt das Rein und Raus bei den Rauchern nicht gut an. Fichtel: „Und am Umsatz merkt man das auch. 25 Prozent weniger mache ich im Monat. Wenn die Raucher rausgehen, gibt es statt fünf Runden in der Stunde nur drei.“ Was sich noch geändert hat, seit er hier zapft? „Die Alten, die schon früh morgens kamen — die Zeiten sind vorbei. Sie sind anders geworden, die Rentner.“
Seit 1905 wird im Jägerhof Bier ausgeschenkt, eine lange Tradition. Fichtel: „Hier waren schon ein paar Generationen drin.“ Und wer kommt? „Hauptsächlich Stammkunden“, sagt Fichtel, „wohnen alle hier im Dorf. Schauen so zwei-, dreimal in der Woche rein. Die meisten sind 30 und älter, 50, 60.“
Im Hinterzimmer haben sich die Flying Goomies Haßlinghausen einen Dart-Raum eingerichtet. Vor über acht Jahren war das. Dienstags und freitags ab 19 Uhr wird trainiert. Die Flying Goomies nehmen an Liga-Spielen teil, Bergische Liga und NRW-Liga. „Das ist unser Hobby“, sagt Ralf Heyer, der in der Bundesliga gespielt und den Verein gegründet hat.
Drei Regale hängen an der Wand, Pokale künden von Erfolgen. „Wir sind schon ein kurioser Dart-Verein“, sagt Heyer. „Vielleicht der einzige, in dem keiner Alkohol trinkt — und wir sind der lustigste.“ Familienfeiern verlegen die Spieler auch gerne in den Jägerhof. Heyer nimmt einen Schluck Cola, und der nächste Spieler tritt vor.
An der Theke nehmen die Raucher gerade wieder Platz. Einer ruft rüber: „Vernünftige Leute sind das hier. Und schreib das auf: die einzige vernünftige Kneipe in Haßlinghausen!“