Wohnraum Schwierige Suche nach Wohnungen

Tönisvorst · Viele Flüchtlinge leben nach wie vor in großen Unterkünften. Familie Adams hat ein behindertes Kind und wünscht sich sehnlichst eine neue Bleibe.

Im ehemaligen Daihatsu-Firmensitz an der Industriestraße zogen 2015 erstmals Flüchtlinge ein.

Foto: Reimann, Friedhelm (rei)

Gute vier Jahre ist es her, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel gesagt hat: „Wir schaffen das.“ Gemeint war der Zuzug von vielen Flüchtlingen nach Deutschland, der damals die Kommunen stark gefordert hat. Vielerorts mussten kurzfristig Unterkünfte geschaffen werden. Teilweise gibt es diese bis heute.

Rechtlich sieht es so aus, dass Flüchtlinge, bis über ihr Asylverfahren entschieden wurde, in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden. Die Kommune übernimmt ihre Leistungen. Sind sie als Asylberechtigte anerkannt, erhalten sie ihre Zuweisungen vom Jobcenter, können sich eine günstige Wohnung suchen. Fällt die Entscheidung über das Asylverfahren negativ aus, gibt es auch immer wieder Gründe, die gegen eine Abschiebung sprechen. Auch eine Duldung gibt es. Es ist eine komplexe Mischung für die Mitarbeiter, weiß Fenna Botta, Leiterin des Fachbereichs Soziales und Wohnen bei der Stadt Tönisvorst. Mit viel Fingerspitzengefühl gelte es die verschiedenen Menschen mit ihren Hintergründen, Nationalität, Religion, Familienstatus, zu berücksichtigen. Einfach ist das nicht.

Familie Adams lebt
an der Krefelder Straße

Rund 380 Menschen leben heute noch in den 17 Gemeinschaftsunterkünften der Stadt, allein 120 in der größten an der Industriestraße. Mittlerweile ist dabei ein hoher Anteil an anerkannten Flüchtlingen, die eine eigene Wohnung bezahlt bekommen würden, die aber keine finden. „Die Wohnungssuche ist wirklich schwierig.“

In dieser Gemengelage gibt es viele Menschen mit harten Schicksalen. Einer von ihnen ist Dominion Adams. Der Kleine ist 14 Monate alt und kam mit schweren Missbildungen, ohne Arme und Beine, auf die Welt. Für seine Mutter Maureen war das bei der Geburt ein Schock. Während der Schwangerschaft hatte sie von diesen Missbildungen bei ihrem Kind nichts erfahren. Bis heute weiß sie nicht, wie es dazu kam.

Die Familie ist aus Nigeria nach Deutschland geflohen und lebt in einer Gemeinschaftsunterkunft an der Krefelder Straße in St. Tönis.

Ein Freund der Familie ist Adiele Nwankwo. Er stammt auch aus Nigeria, wohnt in Krefeld und hilft Flüchtlingen sich zurechtzufinden. Er würde der Familie sehr gerne helfen, eine andere Wohnung zu finden. Für ihn ist es unbegreiflich, dass die fünfköpfige Familie auf engstem Raum zusammenleben muss. „Die Kinder leiden“, sagt er. Und das gilt besonders für den kleinen Dominion, der neben seinen Missbildungen auch noch von Krämpfen geplagt wird. Adiele Nwankwo möchte, dass dem Kind wenigstens durch ein gutes Zuhause geholfen wird. Alle rechtlichen Vorgaben sind ihm dabei egal. Er möchte, dass gehandelt wird. Das Schicksal der Kinder rührt ihn zu Tränen.

Die Unterkunft an der Krefelder Straße sei einfach nicht geeignet für die Familie. Vier Familien mit insgesamt 15 Personen teilen sich in dem Haus eine Küche und ein Badezimmer, das im obersten Stock direkt neben dem Schlafzimmer von Dominion und seinen Eltern liegt. Die Küche ist unten und die Familie muss immer wieder die Treppe hinunter, um zu kochen. Sie sei schon zweimal auf der Treppe gestürzt, berichtet die Mutter. Die beiden sechs und achtjährigen Brüder schlafen in einem kleinen Zimmer, in das gerade das Hochbett passt und in dem es von der Decke tropft. Der größte Wunsch der Familie ist eine neue Wohnung.

Zurzeit ist Dominion mit seiner Mutter im Krankenhaus. Dort muss er neu auf Medikamente eingestellt werden. Ein Schicksal, das ihn wohl sein ganzes Leben begleiten wird.

Zuteilung von Wohungen
muss gerecht sei, so die Stadt

Die Stadt darf zu diesem Einzelfall keine Auskunft erteilen, macht aber deutlich, dass das Abwägen der unterschiedlichen Bedürfnisse eine große Herausforderung ist. Es gebe eine Fülle von Schicksalen, jedem einzelnen müsse man gerecht werden. Aber es lasse sich auch nicht jeder helfen. Und manchmal ließen sich die unterschiedlichen Sichtweisen auch nicht zusammenführen. Man sei aber immer zu Gesprächen bereit, betont Fenna Botta.

In der Stadt Tönisvorst hat der Sozialverband SKM als Träger die Flüchtlingssozialarbeit übernommen. „Wir kümmern uns da um jeden einzelnen. Wir lassen die Menschen nicht allein“, betont Fenna Botta.

Fest steht, dass bezahlbarer Wohnraum fehlt, um allen Menschen, die ein Anrecht darauf haben oder aus Härtefallgründen bekommen sollten, eine Wohnung anbieten zu können. Bürgermeister Thomas Goßen sieht, dass das Thema in der politischen Diskussion auf jeden Fall angekommen ist und Gewicht bekommen hat. Auch im Stadtentwicklungskonzept werde dies eine Rolle spielen.