„Mir kamen die Tränen“ – Ehrenamtliche bringen Bedürftigen Essen nach Hause Tafel: Lieferservice ist eine Lösung auf Zeit

AACHEN · . „Mir kamen die Tränen“, schildert Tatjana Cherniak. Sie ist eine der Empfängerinnen in rund 400 Haushalten, die seit Beginn der Corona-Krise von der Aachener Tafel Essenspakete an die Tür geliefert bekommen.

Von den landesweit 174 Tafeln haben ungefähr 50 Tafeln im Zuge der Corona-Krise einen Lieferservice in Eigenregie auf die Beine gestellt.

Foto: dpa/Marius Becker

„Dass sie sich so um uns sorgen, ist einfach beeindruckend“, sagt die 78-Jährige gerührt. Nach dem Ausbruch der Pandemie sei sie sicherheitshalber zu Hause geblieben. Dabei sei die Hilfe von der Tafel zusätzlich zu der ihrer Kinder eine enorme Unterstützung gewesen. „In meinem Paket sind oft Reis, verschiedenes Gemüse, Konserven und auch Brot“, beschreibt sie.

Von den landesweit 174 Tafeln haben ungefähr 50 Tafeln im Zuge der Corona-Krise einen Lieferservice in Eigenregie auf die Beine gestellt. Aachen sei eines der größeren Angebote. „Wir wollen aber zurück zur Normalität, auf Dauer kann der Lieferservice nicht aufrechterhalten werden“, sagt Wolfgang Weilerswist, Vorsitzender des NRW-Tafelverbands. Wenn die Kontaktbeschränkungen mehr und mehr aufgehoben werden, sollen die Tafeln auch wieder zum Normalbetrieb zurückkehren. „Wir finden die Lockerungen gerade für Risikogruppen aber nicht sinnvoll, deswegen steht der Ladenbetrieb, so wie er vorher war, noch nicht in Aussicht“, sagt Thomas Isaac, Vorstand der Aachener Tafel.

Deswegen werden auch weiterhin Pakete geliefert, zum Beispiel von Jenny Schmitz. Mit weiteren Ehrenamtlern, Studenten sowie Angestellten der Tafel fährt die 25-Jährige ihre Route und stellt Bedürftigen ein Essenspaket kontaktlos vor die Tür. Mit dem Lieferservice fokussiert sich die Aachener Tafel auf Menschen im Alter zwischen 60 und 90 Jahren und auf solche, die aus anderen Gründen zu einer Risikogruppe gehören. „Manche haben einen Zettel mit dem Wort „Danke“ an ihre Tür gehängt“, freut sich die junge Frau über die Reaktionen.

Im Normalbetrieb würden Menschen aus rund 5000 registrierten Haushalten einmal wöchentlich in die Verkaufsräume der Aachener Tafel kommen. Doch die sind noch immer für die Kunden geschlossen. „Wir haben zuerst einen harten Stopp gemacht, aber der hat dazu geführt, dass uns viele angerufen und gefragt haben: ,Was mache ich jetzt?’“, sagt Thomas Isaac. Eine Woche später – Ende März – war der Lieferservice ins Leben gerufen. Jetzt packen je vier Menschen werktags Kartons mit Nahrungsmitteln, die für eine Woche reichen sollen. Die Pakete werden von zwei Helfern ausgeliefert und auch vor Ort an Personen aus rund 300 weiteren Haushalten vergeben. Der 73-jährigen Irina Sokolovskaya wird ihr Essenspaket immer donnerstags vorbeigebracht. „Einmal hat mir die Tafel sogar eine schöne Maske aus Baumwolle und zwei Rollen Klopapier gebracht, gerade dann, als alles im Supermarkt ausverkauft war“, erinnert sie sich. Das, was sie nicht braucht, reicht sie ihren Freundinnen weiter. Es gehe bei dem Lieferservice nicht nur darum, Menschen Lebensmittel zu liefern. „Dadurch sehen sie auch einmal in der Woche jemanden, der etwas für sie tut, sich kümmert“, betont er. Am Anfang sollen die Kunden noch etwas ängstlich wegen der möglichen Ansteckungsgefahr gewesen sein. „Aber mit der Zeit wollten sie auch mehr Kontakt zu uns aufnehmen, weil sie die ganze Zeit niemanden gesehen haben“, bestätigt Jenny Schmitz.

Die Übergabe läuft
weiterhin kontaktlos ab

Die Übergabe wird weiterhin wegen des Infektionsrisikos kontaktlos ablaufen. Auch wenn der normale Ladenbetrieb noch lange ausfällt, sehnt ihn Jenny Schmitz schon herbei: „Den Menschen ist durch den Lieferdienst natürlich auch ein bisschen die Selbstständigkeit genommen.“ Tatjana Cherniak geht mittlerweile wieder zusätzlich in den Supermarkt zum Einkaufen. Sie macht sich auch Gedanken um ihre Figur. „Die Tafel sorgt sich um meine Ernährung, aber jetzt muss ich mich auch wieder bewegen.“