Kino „The Silence“: Nur das Schweigen rettet

Die Menschen dürfen keinen Mucks machen, wenn sie die Angriffe von Endzeit-Monstern überleben wollen. Der neue Endzeit-Horrorfilm erzählt von einer gruseligen Apokalypse.

Nur das Schweigen rettet sie vor den gefährlichen Monstern aus der Vergangenheit: Kiernan Shipka als Ally und Stanley Tucci als ihr Vater Hugh in einer Szene des Films „The Silence“

Foto: dpa/Michael Gibson

Die Apokalypse ist da. Eine Familie flüchtet in den Wald und lebt ständig in der Gefahr, von Monstern getötet zu werden. Die können zwar nichts sehen, aber sehr gut hören. Deswegen werden sie von Geräuschen angelockt - ein Ton könnte den Menschen das Leben kosten.

Aus dieser spannenden Prämisse strickte vor einem Jahr Regiedebütant John Krasinski in „A Quiet Place“ mit sich selbst und Emily Blunt in den Hauptrollen einen fesselnden und klugen Thriller. Die Schockeffekte waren heruntergedimmt, stattdessen ging es um die Dynamik in einer nicht mehr intakten und traumatisierten Familie.

Jetzt startet „The Silence“ mit Stanley Tucci, ein Film, der zunächst nach einer Kopie von „A Quiet Place“ klingt: Auch hier muss eine Familie in der Apokalypse vor Monstern fliehen, die wie kleine Flugsaurier aussehen, blind sind und deshalb nach Geräuschen jagen. Dennoch ist „The Silence“ keine 1:1-Kopie, erschien doch der zugrundeliegende Roman 2015, also noch bevor „A Quiet Place“ gedreht wurde.

Netflix war Koproduzent
von „The Silence“

Tucci spielt Hugh Andrews, einen Familienvater von zwei Kindern, von denen eines taub ist - in diesem Fall Tochter Ally (gespielt von Kiernan Shipka aus der Netflix-Serie „Chilling Adventures of Sabrina“). Überhaupt ist hier eine Anmerkung nötig: „The Silence“ wurde von dem Streamingdienst Netflix koproduziert. Wahrscheinlich wundert es einen dann auch weniger, dass dieser Endzeit-Horror an andere Netflix-Formate erinnert - vor allem Susanne Biers „Bird Box – Schließe deine Augen“.

Doch bei „The Silence“ fühlen sich nicht nur die Monster-Animationen wie direkt aus dem Computer an. An diesem freudlosen Horror wirkt vieles wie aus dem Horror-Baukasten. Hier gibt es keine klugen Kniffe und soghaften Abkürzungen, die Spannung schaffen. Konventionell und ohne ironische Brechung wird erzählt, wie es zur Freilassung der mittelalterlichen Monster aus einer unterirdischen Höhle und zu immer mehr Toten kam. Ausführlich verhandelt wird, wie die Tiere zu besiegen sind. Halbherzig etabliert wird, wie sehr Hauptfigur Ally in ihren Schwarm Rob verliebt ist - so sehr, dass er sogar während eines Angriffs noch schnell mit ihr einen Videochat startet.

Auch Besetzungsabteilung, Drehbuchautoren und Soundtechniker haben sich nicht über Gebühr bemüht: Anders als beim Kommerzhit „A Quiet Place“ ist hier die junge Hauptdarstellerin nicht wirklich taub. Das merkt man Shipkas Spiel nicht nur an, sondern es führte auch zu der berechtigten Kritik, dass man doch an dieser Stelle für mehr Sichtbarkeit von tauben Schauspielerinnen hätte sorgen können.

Für den Film ist das am Ende egal, denn das Drehbuch hat ohnehin kein großes Interesse, auf diese Einschränkung der Protagonistin einzugehen. Bleibt noch, die Mängel an Sound und Musik zu erwähnen. Statt an entscheidenden Stellen den Ton zu reduzieren, wie es die Handlung erfordern könnte, schmatzen die Monster, streichen die Geigen und dröhnen die Bässe.

„The Silence“ bietet damit Horrorstandardware, die für Fans des Genres möglicherweise aber trotzdem einen Reiz darstellt. Sie bekommen statt eines klugen Kammerspiels eben einen konventionellen Endzeit-Katastrophenthriller - einen auf vielen Ebenen kalkulierten Horror.