Tischtennis Diskussion um die Champions-League

Borussia-Manager Andreas Preuss beklagt, dass der europäische Verband sein Team nicht als Champions-League-Sieger akzeptiert.

So war es im Dezember 2020: Borussia Düsseldorf feiert den Champions-League-Sieg. In der gerade beendeten Saison gab es kein Finale. Die Düsseldorfer fühlen sich aber dennoch als Sieger.

Foto: dpa/Marius Becker

Noch haben die Borussen den Gewinn des Tischtennis-Champions League-Titels in der laufenden Saison nicht aus ihrer Erfolgsbilanz im Internet gestrichen. Allerdings sind sie nach der Entscheidung des „Boards of Appeal“ (BoA) der European Table Tennis Union (ETTU) kein Sieger mehr. Die Borussen haben den zuvor sicher geglaubten Titel wieder verloren. Zum zweiten Mal übrigens, denn die Entscheidung, wer die kontinentale Königsklasse gewonnen hat, ist zu einem juristischen Gerangel verkommen, dass bei einigen der Beteiligten zu „Haltungsschäden“ führt.

Nicht so bei den Borussen. „Unsere Haltung ist ganz klar. Angesichts des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine werden wir nicht gegen russische Mannschaften antreten“, macht Borussia-Manager Andreas Preuß deutlich. „Das gilt auch für die kommende Saison.“

Als Reaktion auf den russischen Überfall hatte das Präsidium der ETTU Mitte März sämtliche russischen und weißrussischen Mannschaften aus dem laufenden Champion League-Wettbewerb ausgeschlossen. Daraufhin fühlte sich die Borussia, die ihr Königsklassen-Halbfinale gegen den 1. FC Saarbrücken gewonnen hatte als Champions-League-Sieger, weil sich im zweiten Halbfinale mit Orenburg und Jekaterinburg zwei ausgeschlossene russische Teams gegenüber gestanden hätten. Das bestätigte auch der ETTU-Generalsekretär, der aber wenig später von einem ETTU-Vizepräsidenten zurückgepfiffen wurde, nur um erneut wenig später die Pro-Borussia-Entscheidung des Generalsekretärs zu bestätigen. Also setzten die Borussen auf ihre Website den Champions-League-Titel der Saison 2021/22 in ihre Erfolgsbilanz.

Ob das Bestand hat, ist aber jetzt wieder fraglich, weil der BoA, quasi der Beschwerdeausschuss der ETTU, dem Protest der russischen Tischtennis-Föderation und der beiden russichen Clubs teilweise stattgegeben hat. Der Beschwerdeausschuss bestätigte die ETTU-Entscheidung, dass russische und weißrussische Nationalmannschaften bei keinem ETTU-Event mehr antreten dürfen. Allerdings kassierte der BoA um den deutschen Vorsitzenden Peter Meyer, den Champions-League-Ausschluss für Orenburg und Jekaterinburg wieder ein. Einzelne Athleten oder Vereine dürften nicht für Taten von Regierungen verantwortlich gemacht werden, so die Begründung.

„Es gab eine umfangreiche Klageschrift mit detaillierter Argumentation der Russen“, verrät Preuß. „Die Entscheidung überrascht und verwundert mich, weil sie nicht im Einklang mit der Entscheidung des ETTU-Präsidiums und der internationalen Sportfachverbände ist. Wie es jetzt weitergeht, muss das ETTU-Präsidium entscheiden.“

Sollte das Präsidium, in dem übrigens der russische Präsident Igor Levitin und das weißrussische Präsidiumsmitglied Vladimir Samsonov ihre Ämter ruhen lassen, die BoA-Entscheidung bestätigen, könnte die Tischtennis-Champions-League zum moralischen Desaster für Tischtennis werden. Dann würde nämlich der Sieger des noch zu spielenden Halbfinales zwischen Jekaterinburg und Orenburg Champions-League-Triumphator und damit möglicherweise ein vom russischen Staatskonzern Gazprom finanzierter Klub. Die Borussen träten zum Finale ja nicht an. Eine Verzerrung der Leistungssituation wäre es auf jeden Fall, weil beispielsweise Dimitrij Ovtcharov seinen Vertrag in Orenburg gekündigt hat und somit nicht mehr spielberechtigt ist. Weitere europäische und asiatische Spieler in russischen Diensten haben angekündigt, nicht mehr für ihren Verein antreten zu wollen. „Ich höre aber, dass in Russland die Liga weiter gespielt wird und auch Marcos Freitas aus Portugal oder Tomislav Pucar aus Kroatien weiter spielen“, so Preuß.

Noch aber weiß man bei der Borussia nicht, wo die Reise in der ETTU-Entscheidung hingehen wird. Deshalb hat man sich auch noch keine großen Gedanken gemacht, wie man reagieren wird. „Der Ball liegt jetzt in der Hälfte der ETTU, auch was die nächste Saison betrifft, ob die russischen Teams ausgeschlossen werden“, so Preuß. „Wir werden auf jeden Fall dann nicht in der Champions League spielen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Polen dann antreten.“

Preuß befürchtet, dass sich das „kleine Tischtennis im Reigen des internationalen Sports ins Abseits manövrieren könnte“. Bei den Borussen wird jedenfalls kein „Haltungsschaden“ aus der Farce um die Champions League 2022 zurückbleiben.