Bekannten mit Messerstichen getötet Gericht spricht Tönisvorster im Totschlag-Prozess frei

Tönisvorst · Am Krefelder Landgericht fiel am Montag das Urteil: Ein 57-jähriger Tönisvorster, dem Totschlag vorgeworfen worden war, wurde freigesprochen.

Der Prozess vor der 2. großen Strafkammer des Landgerichts Krefeld ging am Montag zu Ende (Archivbild).

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

(sts) Am Krefelder Landgericht ist am Montag das Urteil gegen einen 57-jährigen Mann aus Tönisvorst gefallen. Er hatte im Oktober 2023 in seiner Wohnung in Tönisvorst einen anderen Mann mit neun Messerstichen getötet. Ihm war Totschlag vorgeworfen worden, nun wurde er freigesprochen. Der Vorsitzende erklärte in seiner Urteilsbegründung, dass sich die Kammer zu einem Freispruch entschlossen habe, weil eine Notwehrsituation nicht auszuschließen sei. „Es ist durchaus möglich, dass der Beschuldigte zuerst von dem Geschädigten angegriffen wurde, und zwar auf eine erhebliche Art und Weise“, ergänzte der Vorsitzende.

So hatte der angeklagte Tönisvorster den Tathergang auch geschildert. Er erklärte, dass er sich mit dem späteren Opfer und dessen Freundin an jenem Oktoberabend in seiner Wohnung aufhielt. Zunächst habe man gemeinsam getrunken und sich unterhalten. Irgendwann seien jedoch Misstöne aufgekommen. Erst hätten sich der Geschädigte und seine Lebensgefährtin gestritten; er habe sie schließlich geohrfeigt. Dann sei der Mann auch auf den Angeklagten losgegangen, er habe ihn geschlagen und getreten. Nach einem weiteren, massiven Angriff seitens des Geschädigten sei es dem 57-Jährigen gelungen, nach einem Messer zu greifen und auf den Angreifer mehrmals einzustechen.

Ein psychiatrischer Sachverständiger hatte ausgesagt, dass der 57-Jährige nach der Tat ärztlich untersucht und auch im Krankenhaus behandelt worden sei, da er bei der Auseinandersetzung mit dem Geschädigten unter anderem eine Jochbeinfraktur erlitten habe. Außerdem erwähnte der Fachmann, dass der Mann, der in Polen aufwuchs, einen gewalttätigen Vater hatte und eine Zeit lang in einem Kinderheim untergebracht gewesen sei. Zu Hause habe eine Atmosphäre der Angst vor dem Familienoberhaupt geherrscht. „Nach der Schulzeit versuchte der heute 57-Jährige, beruflich Fuß zu fassen, was nie ganz gelang“, meinte der Gutachter. Er habe vielmehr verschiedene Tätigkeiten ausgeübt, unter anderem als Elektriker unter Tage und als Arbeiter in einem Gaswerk. Das Geld sei immer knapp gewesen. Vor einigen Jahren habe er sich entschlossen, mit seiner zweiten Ehefrau nach Deutschland zu gehen und hier zu arbeiten.

Der Mann habe keine psychische Erkrankung, auch eine Drogensucht läge nicht vor. Auch sei er nicht körperlich von Alkohol abhängig, wobei eine seelische Abhängigkeit nicht auszuschließen sei. Den Tod seines Bekannten habe er später bedauert, er bewerte seine Tat aber nicht als Totschlag, sondern als Selbstverteidigung. Bedingt durch den reichhaltigen Alkoholkonsum sei seine Steuerungsfähigkeit am Tatabend wohl beeinträchtigt, aber nicht aufgehoben gewesen. Dafür spräche unter anderem, dass er sich an viele Details des Tatgeschehens erinnere.

(sts)