Braunkohletagebau Umsiedler warten auf Vertrauensperson

Düsseldorf · Ministerpräsident Laschet hatte einen Ansprechpartner in Aussicht gestellt. Doch was dieser eigentlich leisten soll, darüber gibt es keine Einigkeit.

Am 10. November besuchte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) zwei Dörfer, die dem Braunkohlen-Tagebau Garzweiler II weichen sollen.

Am 10. November besuchte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) zwei Dörfer, die dem Braunkohlen-Tagebau Garzweiler II weichen sollen.

Foto: Ekkehard Rüger

Einen Monat ist es her, dass Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) die vom Abriss bedrohten Erkelenzer Dörfer Kuckum und Keyenberg besuchte. Aus Gesprächen mit Anwohnern am Rande des Braunkohletagebaus Garzweiler nahm er die Anregung mit, eine zentrale Ansprechperson für die lokalen Probleme der Umsiedlung zu benennen. Seither haben die Menschen vor Ort in dieser Frage nichts mehr aus Düsseldorf gehört. Hans Josef Dederichs kündigt daher noch für diese Woche einen Brief an Laschet an.

Dederichs, stellvertretender Fraktionschef der Grünen im Erkelenzer Stadtrat und selbst Umsiedler aus Kuckum, hatte den Ministerpräsidenten eingeladen. Das Gespräch wertete er im Anschluss als Chance für ein „neues Miteinander“. Jetzt sagt er: „Wir hätten gerne jemanden direkt in der Staatskanzlei.“ Umsiedler, bei denen etwas total schieflaufen würde, fänden vor Ort keine Hilfe. „Wir kommen mit unseren Beschwerden nie weiter als bis zur Stadt Erkelenz.“ Wende man sich an die Bezirksregierung Köln, würden Stellungnahmen von Stadt und RWE eingeholt. „Und am Ende heißt es, das sei unser Privatproblem.“

Zwar gibt es mit der ehemaligen Jüchener Bürgermeisterin Margarete Kranz (CDU) schon seit 2009 eine ehrenamtliche Umsiedlungsbeauftragte der Landesregierung, angesiedelt beim NRW-Wirtschaftsministerium. Doch an ihr gibt es laut Dederichs vor Ort viel Kritik: „Sie lässt sich kaum noch blicken und beantwortet keine Mails.“ Der Lokalpolitiker spricht von einer „Fehlbesetzung“.

Peter Jansen, CDU-Bürgermeister von Erkelenz, hatte nach eigenem Bekunden bis zum Laschet-Besuch nichts von dieser Kritik gehört. Nach seiner Schilderung verläuft der Umsiedlungsprozess in den letzten fünf Dörfern doppelt so schnell wie in früheren Fällen. Von 1600 Bewohnern seien 250 schon weg, 55 Prozent der Betroffenen hätten bereits eine Vereinbarung mit RWE unterschrieben. „Weitere 20 Prozent stehen kurz vor dem Abschluss.“ Insgesamt gebe es bei den Umsiedlern nur eine einstellige Totalverweigerungsrate.

Jansen räumt ein, dass es ein paar Knackfälle gebe, in denen die Betroffenen mit ihren Wünschen auf der Strecke blieben. Das gelte vor allem für Landwirte. Aber seine Vorstellungen für einen zentralen Ansprechpartner in Düsseldorf geht in eine ganz andere Richtung. Denn für den Fall, dass die Kohlekommission einen früheren Ausstieg empfiehlt und die Bundesregierung der Empfehlung folgt, müsste das Land NRW eine neue Leitentscheidung zum Braunkohleabbau fällen.

Erkelenz will Einfluss auf
“strategische Entscheidungen“

Sie müsste klären, wo dann noch abgebaggert wird, welche Dörfer weg müssen und welche bleiben können, wie der Verkehr künftig fließen soll. Für diese „strategischen Entscheidungen“ mit unmittelbaren Auswirkungen vor Ort wäre es für die Kommunen aus Jansens Sicht sinnvoll, einen zentralen Ansprechpartner in der Staatskanzlei zu haben, um mit den lokalen Anliegen durchzudringen. Das habe sich im Fall Holzweiler, das durch die rot-grüne Leitentscheidung 2016 vor der Umsiedlung bewahrt blieb, schon einmal bewährt. Der Bürgermeister rechnet aber nicht vor Ende 2019 mit einer Entscheidung der Bundesregierung.

Antje Grothus (“Buirer für Buir“), Kommissionsmitglied und Gast beim Laschet-Besuch in Erkelenz, kann Jansens Wünsche verstehen: „Dann brauchen alle Randkommunen mehrere Ansprechpartner, denn bisher werden die Kommunen in dem Prozess alleingelassen.“ In dem Gespräch mit Laschet sei es aber „konkret um einen Kümmerer gegangen, der die Interessen der Anwohner vertritt“. Die Umsiedler bräuchten auch eine bessere Beratung über ihre Rechte. „Das gibt es gar nicht.“

Die RWE Power AG sieht dagegen keinen Bedarf für neue Formen der Kommunikation und Unterstützung. „Aus unserer Sicht haben sich die vorhandenen Strukturen in der Vergangenheit sehr bewährt“, teilte ein Unternehmenssprecher mit. „Zwischen den Kommunen und RWE findet ein regelmäßiger Austausch zu allen relevanten Themen statt. Dies gilt ebenso für die Landespolitik.“

Derweil hat sich unter dem Titel „Alle Dörfer bleiben!“ ein neues bundesweites Bündnis von Betroffenen aus dem Rheinischen Revier und den Braunkohlerevieren in Ostdeutschland gebildet. Sie wollen gemeinsam für den Erhalt aller Dörfer und Siedlungen in den drei Braunkohleregionen Rheinland, Leipziger Land und Lausitz eintreten.