Stadtentwicklung Utopiastadt-Campus als Vorbild für Stadtentwicklung
Mirke · Wie können Flächen für die Allgemeinheit erschlossen werden? Um diese Frage ging es beim Städteentwicklungssalon.
Neben der Erschließung der Nordbahntrasse ist die Entwicklung rund um den Mirker Bahnhof eines der Stadtentwicklungsprojekte, das auch bundesweit für Resonanz gesorgt hat. Es steht auf lokaler wie überregionaler Ebene modellhaft für „gemeinwohlorientierte Flächenentwicklung“ im Innenstadtbereich. Dass sich das Projekt gleichwohl nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen kann, wurde zum Auftakt des 8. Stadtentwicklungssalons deutlich, der sich am Dienstagabend auf Einladung des Forums Mirke als Videokonferenz mit der Frage beschäftigte, inwieweit der „Utopiastadt-Campus als Impuls für eine aktive Bodenpolitik“ dienen kann.
In dem von Sven Macdonald (Förderverein Utopiastadt) moderierten Treffen wurden aus unterschiedlichen Perspektiven ein Blick auf das Erreichte geworfen und die Herausforderungen für die Zukunft skizziert. Für den Blick zurück war vor allem Christian Hampe, Geschäftsführer der Utopiastadt gGmbH, zuständig. Er erinnerte daran, wie die Idee zu Utopiastadt im Jahr 2008 anlässlich eines Kulturprogramms in den Wuppertaler Elba-Hallen entstanden war. Die Idee, sich für das Gemeinwohl einzusetzen, habe man im Anschluss an das Programm „institutionalisieren“ wollen. Der Mirker Bahnhof mit seiner zentralen Lage in der Nordstadt, direkt an der Nordbahntrasse, habe sich für dieses Engagement geeignet.
Wobei die Ausgangsbedingungen durchaus herausfordernd waren, hatte die Fläche rund um den Bahnhof doch zu Beginn diverse Eigentümer. Erst später konzentrierten sich die Verhandlungen ausschließlich auf den Immobilienentwickler Aurelis. Die kurzfristige Nutzung durch die „Utopisten“ sei damals „geduldet“ worden, sagte Hampe. Quasi mit „Mäuseschritten“ habe man sich das Gelände erschlossen und nach und nach ein „paar Quadratmeter“ mehr in Beschlag genommen.
50 000 Quadratmeter
„fürs Gemeinwohl“ gesichert
Nach ein paar Rückschlägen sei es dank der Unterstützung durch Land und Stadt gelungen, Aurelis davon zu überzeugen, dass auch das Umfeld zum Mirker Bahnhof gehöre. Mit der Einrichtung des Utopiastadt Campus Flächenentwicklungsbeirates (UCF) gelang es, ein Forum zu schaffen, in dem alle beteiligten Parteien in einem moderierten Prozess den Verkauf regeln konnten. 2018 erfolgte der Verkauf, durch die Aktivitäten von Utopiastadt seien mittlerweile 50 000 Quadratmeter fürs „Gemeinwohl gesichert“ worden, betonte Hampe. Man sei weiterhin mit „viel Elan“ bei der Sache, gleichwohl hätten die Aktivitäten auch „viel Engagement“ gekostet. Schließlich sei für den Kauf ein Millionen-Darlehen bei der Stadtsparkasse gezeichnet worden.
Aus eher analytischer Sicht beschrieben im zweiten Teil des Abends Matthias Wanner (Wuppertal Institut) und Boris Bachmann (Zentrum für Transformationsforschung und Nachhaltigkeit) den Prozess um die gemeinwohlorientierte Flächenentwicklung am Mirker Bahnhof.
Wichtig für den Erfolg des Projekts sei es gewesen, dass die Utopisten ihr strategisches Handeln „in ein übergeordnetes Narrativ“ eingebunden hätten, sagte Bachmann. Sie bildeten Netzwerke und hatten schnell erste Resultate bei der Entwicklung des Standortes aufzuweisen. Auch die „starke Haltung der Stadt“ und die Unterstützung für das Projekt durch das Rathaus hätten bei den Verhandlungen mit dem Eigentümer den Verantwortlichen von Utopiastadt den Rücken gestärkt. Dass nun 2022 auf dem Utopiastadt-Campus der studentische Wettbewerb Solar Decathlon Europe stattfindet, unterstütze die weitere Nutzung der Fläche.
Dass die Vermittlung zwischen Eigentümer und Nutzer in den Verkaufsverhandlungen nicht einfach war, daran erinnerte Frauke Burgdorff, die damals als Moderatorin fungiert hatte. Burgdorff, die mittlerweile Beigeordnete für Planung, Bau und Mobilität in der Stadt Aachen ist, bezeichnete ihre damalige Funktion als „Brückenbauerin“.
In den Sitzungen des Beirates sei es darum gegangen, dass sich Eigentümer, Utopiastadt, Stadtverwaltung und Wirtschaftsförderung “einfach mal zuhören“ und ihr Misstrauen überwinden. Ihr Fazit: Zur Entwicklung von Flächen im Sinne der Allgemeinheit sei eine „engagierte Öffentlichkeit“ unverzichtbar. Die Kommunen sollten deshalb auch den Mut aufbringen, bei der Entwicklung von städtischen Flächen, mit „den ‚locals‘ zu sprechen“.