Hintergrund Warum der Loveparade-Strafprozess eingestellt werden kann
Düsseldorf · Im Loveparade-Strafprozess werden voraussichtlich die Verfahren gegen sieben der zur Zeit noch zehn Angeklagten eingestellt. Welche gesetzlichen Grundlagen sind dafür eigentlich maßgebend?
Nach den Vorschriften der Strafprozessordnung können Gerichte unter bestimmten Voraussetzungen Verfahren einstellen, wenn es sich bei den angeklagten Taten lediglich um Vergehen und nicht um Verbrechen handelt. Maßgebend für Verfahrenseinstellungen sind der Paragraf 153 oder aber der Paragraf 153a der Strafprozessordnung (StPO).
Geringe Schuld
Laut Paragraf 153 ("Absehen von der Verfolgung bei Geringfügigkeit") kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens "mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen". Auflagen für den Angeklagten sind bei einer solchen Verfahrenseinstellung wegen geringer Schuld nicht im Gesetz verankert.
Bei sieben Angeklagten hält das Gericht diesen Paragrafen für anwendbar. Alle sieben stimmten am Dienstag einer Einstellung zu - nachdem auch die Staatsanwaltschaft grünes Licht gegeben hatte.
Auflagen und Weisungen
Anders beim Folgeparagrafen 153a ("Absehen von der Verfolgung unter Auflagen und Weisungen"): Dieser Vorschrift zufolge kann das Gericht ein Verfahren vorläufig einstellen und zugleich dem Angeschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen. Dazu zählen vor allem Geldauflagen, aber je nach vorliegendem Fall unter anderem auch das ernsthafte Bemühen um einen Täter-Opfer-Ausgleich mit gleichzeitiger Wiedergutmachung der Tat oder die Teilnahme an einem "sozialen Trainingskurs".
Solche Verfahrenseinstellungen gegen Geldauflagen hielt das Gericht bei den übrigen drei Angeklagten für möglich. Diese Beschuldigten - allesamt Mitarbeiter des Loveparade-Veranstalters - verweigerten jedoch ihre Zustimmung: Sie streben ganz offensichtlich einen Freispruch an.
Absolute Verjährung Im Sommer 2020
In der Diskussion über Verfahrenseinstellungen im Loveparade-Prozess spielen jedoch auch noch eine andere gesetzliche Vorschriften eine Rolle - nämlich diejenigen zur sogenannten absoluten Verjährung. Sie würde im Fall der Loveparade-Tragödie im Sommer 2020 eintreten - und damit würde ein auch noch laufender Strafprozess abrupt enden.
Das Strafrecht unterscheidet zwischen der gesetzlichen Verjährungsfrist und der sogenannten absoluten Verjährung der Strafverfolgung. Dabei gilt: Mit Ablauf der doppelten gesetzlichen Verjährungsfrist tritt die absolute Verjährung ein - spätestens dann kann eine Straftat nicht mehr geahndet werden.
Richtmaß Höchststrafe
Die Verjährungsregeln im Strafgesetzbuch (StGB) sind kompliziert. Die Dauer der gesetzliche Verjährungsfrist ist in Paragraf 78 Absatz 3 StGB geregelt. Dabei richtet sich die Verjährungsfrist nach der gesetzlichen Höchststrafe. Beispiel fahrlässige Tötung, wie im Loveparade-Prozess: Sie ist mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bedroht. Hier beträgt die gesetzliche Verjährungsfrist also fünf Jahre.
Wird nach einer Straftat wie fahrlässiger Tötung ein Ermittlungsverfahren gegen den mutmaßlichen Täter eingeleitet, führt dies zu einer Unterbrechung der gesetzlichen Verjährungsfrist - sie beginnt dann von neuem.
Gesetzliche Frist Mal Zwei
Dennoch ist im vorliegenden Fall zehn Jahre nach der Tat endgültig Schluss mit der Strafverfolgung: Denn laut Paragraf 78c Absatz 3 Satz 2 StGB ist die Verfolgung der Tat "spätestens verjährt, wenn (...) das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist (...) verstrichen" ist.