Geschichte Vor 100 Jahren: Erste Stadträtinnen

Wuppertal · Zu den ersten weiblichen Stadtverordneten gehörte Thekla Landé (SPD).

Thekla Landé gehört zu den ersten Stadträtinnen Elberfelds.

Foto: gemeinfrei

„Es geht fast unter in diesem Zeitraum der Gedenktage“, stellte Oberbürgermeister Andreas Mucke fest. Dabei sei das Datum 12. November ein wichtiges: An diesem Tag vor 100 Jahren erhielten die Frauen in Deutschland das Wahlrecht: Sie konnten wählen und gewählt werden – auch in den Stadtrat. Wuppertal wird das mit einer Veranstaltung „100 Jahre Frauenwahlrecht“ für das Bergische Städtedreieck im kommenden Januar würdigen. Denn die erste Wahl nach dem neuen Wahlrecht fand am 19. Januar 1919 statt.

Stadtdarchivar Thorsten Dette hat einige historische Daten zum Frauenwahlrecht zusammengestellt. Das gehe in Deutschland zurück auf die Revolution von 1848. Dort seien zunächst Forderungen nach einem allgemeinen und gleichen Wahlrecht laut geworden – gemeint für Männer. Daraus hätten sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Forderungen nach einem Wahlrecht für Frauen entwickelt. Die wachsende Industrialisierung, verbesserte Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten förderten bei Frauen auch politisches Interesse.

Frauen schlossen sich in Frauenvereinen zusammen und setzten sich für bessere Bildungsmöglichkeiten und eine rechtliche Gleichstellung von Frauen und Männern ein. Wichtige Meilensteine waren 1908 die Zulassung von Frauen zum Studium sowie die Erlaubnis, in politische Vereine einzutreten.

Dass Frauen während des Ersten Weltkriegs verstärkt arbeiteten und sich um viele Belange des öffentlichen Lebens kümmerten, habe ihr Selbstbewusstsein gestärkt. Zahlreiche Frauen-Organisationen forderten eine Einführung des allgemeinen Frauenwahlrechts.

Das kam mit der Novemberrevolution: Am 12. November beschloss der Rat der Volksbeauftragten, der nach dem Sturz des Kaisers und der Ausrufung der Republik am 9. November die Regierung übernommen hatte, das Frauenwahlrecht.

Einsatz für Bildung
und Gleichberechtigung

In Wuppertal gehörte Theka Landé zu den Frauen, die sich für die Gleichberechtigung von Frauen und Frauenbildung eingesetzt haben. 1864 in Posen geboren hatte sie mit 23 Jahren den Juristen Hugo Landé geheiratet, der eine Kanzlei in Elberfeld eröffnete. Das Ehepaar war sozial engagiert, Hugo Landé Mitglied der SPD, ab 1909 saß er im Stadtrat.

Thekla Landé war unter anderem von Anfang an im „Bildungsverein für Frauen und Mädchen des arbeitenden Volkes“ aktiv, der 1892 in Elberfeld gegründet wurde. Als ihre Tochter Charlotte nach der Höheren Töchterschule als Mädchen keine weiterführende Schule besuchen konnte, organisierte Thekla Landé für sie und weitere Mädchen ab 1905 Realgymnasialkurse.

1919 trat sie für die SPD zur Stadtratswahl an und wurde gewählt, ebenso als Abgeordnete im Provinziallandtag. Sie engagierte sich vor allem im sozialen Bereich, unter anderem für ledige Mütter und die Einrichtung städtischer Kindergärten und -tagesstätten. Sie war bis 1932 Stadtverordnete, bis sie das Amt aus gesundheitlichen Gründen aufgab und kurz darauf starb.

Der Frauenanteil im Elberfelder Stadtrat betrug nach der ersten Wahl mit Frauen 15,2 Prozent, in Barmen 16,7 Prozent. Mucke verwies darauf, dass der Frauenanteil im Wuppertaler Stadtrat heute bei 35 Prozent liege – es habe also 100 Jahre gedauert, um den Anteil um 20 Prozentpunkte zu steigern. Roswitha Bocklage von der Gleichstellungstelle forderte, es müsse etwas geschehen, damit dieser Anteil wachse. Sie hätten dazu den Fraktionen schon „Handlungsempfehlungen“ gemacht: „Es wäre schon schade, wenn es noch mal 100 Jahre dauert, bis wir gleiche Anteile haben.“