45 Tonnen Hilfsgüter rollen ab 10. April Richtung Weißrussland

Verein Hilfe für Kinder von Tschernobyl sammelt noch Spenden.

Foto: Schwartz

Wuppertal. Es klingt beinahe wie ein Abenteuer, wenn Angela Dicke von kalten Nächten, langen Grenzkontrollen und beschwerlichen Übernachtungen im Laster spricht. Mit einem aufregenden Erlebnis im romantischen Sinn hat das allerdings wenig zu tun: „Wenn wir Glück haben, brauchen wir für die Reise 30 Stunden. Es gab aber auch schon Jahre, da waren wir viel länger unterwegs und haben allein 50 Stunden an irgendwelchen Schaltern an der Grenze verbracht.“ Doch wohin führt die Reise? „Nach Weißrussland — in die Region Leltschyzy“, erzählt Angela Dicke. 1994 hat sie den Wuppertaler Verein Hilfe für Kinder von Tschernobyl ins Leben gerufen. Seitdem startet jährlich ein Konvoi in die Gebiete, die bis heute unter den Folgen der Reaktorkatastrophe in der Ukraine vor 28 Jahren leiden. Am Montag, 10. April, ist es wieder soweit. Aktuell werden die Pakete gepackt.

„Früher haben sich viele Wuppertaler Gymnasien und Gesamtschulen an der Aktion beteiligt“, sagt Dicke. Bis es ein Verbot von ganz oben — der Lukaschenko-Regierung — gab, das die ehrenamtliche Arbeit des Vereins einschränkte und damit vielen Familien in Weißrussland die Hilfe aus Wuppertal untersagte. „Schrecklich“, sagt Angela Dicke, „die Menschen dort sind bitterarm. Die Lebensmittelversorgung ist schlecht, der Staat ist praktisch bankrott. Zudem hat Lukaschenko die Region abgeschrieben und vergisst dabei, dass das ein landwirtschaftliches Gebiet war, das immer noch verseucht ist.“ Weil die Not in dem armen Landstrich immer größer wurde, erreichte Angela Dicke schließlich vor rund acht Jahren ein Hilferuf, die Lebensmittelpakete wieder aufzustocken. „Das ging natürlich nicht so einfach. Die Schulen hatten andere Projekte übernommen.“ Seitdem arbeitet der Verein ganz eng mit der Wuppertaler Bevölkerung zusammen: Privatpersonen, fleißige Helfer, anonyme Spender. „Das klappt ganz toll. Erfahrungsgemäß brauchen die Leute nur den Anstoß — der Rest kommt von allein.“

45 Tonnen Hilfsgüter machen sich im Durchschnitt auf den Weg von Wuppertal nach Weißrussland. Darunter rund zehn Tonnen Lebensmittel, die drei Waisenhäuser und weitere sogenannte Sozialstationen erreichen, wo verarmte Senioren und Menschen mit Behinderungen leben. Auch Krankenhäuser und Kindergärten werden versorgt: Tapeten, Farben, Schulbedarf, Kleidung, Medikamente. „Es herrscht ein Mangel auf allen Rängen“, so Angela Dicke. Was sich in den Einheitspaketen befindet, wird genau überprüft. Daher werden die Spenden, die den Verein erreichen, aber nicht genutzt werden können, an die Wuppertaler Tafel weitergegeben.

Auf 400 Quadratmetern stapelt sich die Hoffnung in der Lagerhalle im Gewerbegebiet Clausen an der Schwesterstraße. Bis zum 21. März nimmt dort der Verein Spenden an: „Pakete können selber gepackt und vorbeigebracht werden. Wer möchte, kann uns aber auch den Wert des Paketes überweisen und wir kaufen in großen Mengen ein“, erklärt Angela Dicke. Bereits zum 24. Mal wird sie die Ladung höchst persönlich begleiten. Dieses Jahr seien sie und ihre Helfer zeitlich etwas später dran: „Wir hoffen, dass die Reise dann etwas besser wird und wir nicht wieder bei Minusgraden im Laster ausharren müssen.“