ÖPNV Der Weg zur Wuppertaler Uni: Quetschen oder schwitzen

Wuppertal · Die WZ begleitete Studentin Sina Tischbierek beim Aufstieg auf den Grifflenberg.

 Sina Tischbierek hat sich für die WZ auf das Experiment eingelassen und ist den Weg vom Hauptbahnhof zur Uni zu Fuß gelaufen.

Sina Tischbierek hat sich für die WZ auf das Experiment eingelassen und ist den Weg vom Hauptbahnhof zur Uni zu Fuß gelaufen.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Der Bus kommt „sofort“. Das sagt zumindest die Haltestellen-Anzeige an der Stadthalle. Doch wer die Sprache des ÖPNV spricht, weiß: „sofort“ bedeutet „demnächst“. Nach zwei Minuten fährt der WSW-Bus der angekündigten Linie ein, die massenweise Studenten auf den Grifflenberg transportiert. Die Tür geht auf – und die Menschen geben sich Mühe, nicht heraus zu fallen. Damit ein Fahrgast aussteigen kann, muss ein ganzes Rudel junger Leute mit Stöpsel im Ohr auf den Bürgersteig treten. Es gibt nur noch Stehplätze für kontaktfreudige Menschen. Student Konstantin Theurich (21) kennt das Spiel in der Vorlesungszeit schon: „Da passt man noch rein. Dann steht man aber an die Tür gequetscht.“ Nur: Nach der Haltestelle „Stadthalle“ kann nun wirklich niemand mehr zusteigen.

Sina Tischbierek (23) kommt leicht abgehetzt an der Haltestelle an. Ihre Bahn hatte Verspätung. Die Master-Studentin pendelt bereits im zweiten Semester von Köln nach Wuppertal. Jedes Mal kommt sie am Hauptbahnhof an und steht vor einer Entscheidung: Entweder am neuen Busbahnhof in eine reguläre Buslinie steigen, die ihrer Erfahrung nach rund 15 Minuten bis zum Haupteingang der Uni benötigt, oder einen der „E-Busse“ nehmen, die zwischen Stadthalle und Uni pendeln. Dann muss man ein Stück gehen, dafür fahren die Busse direkt zur Uni durch und brauchen nur rund fünf Minuten. Doch an der Stadthalle hat man schon mal das Nachsehen, wenn dann doch ein Bus vom Hauptbahnhof kommt (das tun zwischendurch manche E-Busse) und bereits so voll ist, dass der Fahrer schon gar keinen Stopp mehr einlegt. Sina Tischbierek sagt: „Das ist Kommilitonen von mir schon passiert. Die wurden hier stehen gelassen.“

Insgesamt findet die Studentin die Situation nicht so recht befriedigend. „Ein Shuttle-Bus vom Bahnhof zur Uni mit eigener Busspur wäre gut“, sagt Tischbierek. Schließlich brauche der Bus bei Verkehr und bei mehreren roten Ampeln teilweise doppelt so lange hoch auf den Grifflenberg wie es auf ihrer WSW-App angezeigt wird. Es sei keine Seltenheit, dass Studenten zu spät zur Vorlesung kommen. Tischbierek räumt allerdings ein: „Natürlich weiß man nie, ob das mit den Bussen zusammenhängt oder andere Gründe hat.“ Weiterer Kritikpunkt: In der vorlesungsfreien Zeit fahren weniger Busse, obwohl einige Studenten trotzdem, beispielsweise für die Recherche in der Bibliothek, weiterhin die Uni ansteuern müssen. Eine gute Lösung wäre aus Sicht der Kölnerin auch die am Bürgerwillen gescheiterte Seilbahn gewesen.

Die Studenten-Beschwerden über die Anfahrt zur Uni werden in den Sozialen Netzwerken manchmal hämisch kommentiert. „Die Studenten können doch das kleine Stück zu Fuß gehen“, schreiben Leute, die nach eigenen Angaben früher teils kilometerweit zu Uni, Schule und Kindergarten laufen mussten. Für die WZ lässt sich Tischbierek auf das kleine Experiment ein und geht den Weg von der Stadthalle bis zum Haupteingang der Uni zu Fuß.

Wir stoppen die Uhr. Die 23-Jährige legt auf dem Weg die Straße Kleeblatt hoch einen flotten Schritt vor. Der Elan wird an der großen Kreuzung mit der Südstraße zwangsweise gestoppt. Es gilt, zwei Überwege mit Ampeln zu überbrücken, die ein wenig Geduld von der Studentin erfordern. Dabei will sie heute zu einem wichtigen Vortrag auf jeden Fall pünktlich eintreffen. „Ich habe mir sagen lassen, dass die Ampeln in Wuppertal eher autofahrerfreundlich geschaltet sind“, sagt Tischbierek, die als Fußgängerin keine grüne Welle bekommt.

Bis zum Freudenberg wäre es ein zwei Kilometer langer Fußmarsch

Weiter geht es den Oberen Grifflenberg hoch, bis zu einer Wendeltreppe, die auf eine Brücke führt. Tischbierek kennt eben den kürzesten Weg. „Hoch bin ich noch nie gegangen, nur runter“, sagt sie. Manchmal falle ein Bus einfach aus und um den Zug im Tal noch zu bekommen, lohne es sich gelegentlich, loszujoggen.

Der abschließende Aufstieg hat es in sich: Bei zahlreichen Treppen kommt man schon ins Schnaufen. Nach 16 Minuten ist der Grifflenberg bezwungen, doch von einem lockeren Aufstieg kann nicht die Rede sein. Manchmal hat die 23-Jährige auch Seminare am Campus Freudenberg. Das würde einen mehr als zwei Kilometer langen Spaziergang bedeuten, für den der Routenplaner fast 40 Minuten Fußweg prophezeit. Realistisch gesehen bleibt der Bus da die beste Option. Andere bevorzugen auch das Auto, wie die vielen Fahrzeuge zeigen, die am Straßenrand rund um die Uni parken. Radfahrer sind sehr selten.

Sina Tischbierek besucht die Wuppertaler Uni vorrangig, weil hier ein seltener Studiengang angeboten wird: „Sustainability Management“ - das Planen mit Nachhaltigkeit. Doch Tieschbierek sagt: „Ich weiß, dass Studienkollegen ihren Standort auch danach auswählen, wie der Campus angebunden ist.“ Und bei diesem Faktor habe Wuppertal schon das Nachsehen.