Das ist der Stoff, aus dem Wutbürger sind
Die frühzeitige Bürgerbeteiligung um eine mögliche Forensik entwickelte sich für den Oberbürgermeister Andreas Mucke und die Stadtverwaltung zum Spießrutenlauf.
Wuppertal. Das Tischtuch ist zerschnitten. Da lässt sich nichts mehr nähen oder auch nur flicken. Die Anwohner der Kleinen Höhe an der Grenze zu Neviges sind verbittert, erschüttert und in zunehmender Wut vereint. Sie wissen, dass sie im Wuppertaler Stadtrat nie und nimmer genügend Fürsprecher für ihre Sicht auf eine mögliche Forensik vor der eigenen Haustür bekommen werden. Und auch Oberbürgermeister Andreas Mucke (SPD), der selbst ernannte Rote mit dem grünen Blut in den Adern, ist für sie eine herbe Enttäuschung.
Mucke wiederholt zwar bei jeder sich bietenden Gelegenheit, dass seiner Meinung nach einer Forensik nichts weiter auf der Kleinen Höhe gebaut werden darf. Aber das entscheidet nicht der Oberbürgermeister, das entscheidet der Stadtrat. In dem Gremium hat auch Mucke nur eine Stimme, mehr nicht. Für Gegner der Forensik-Pläne auf der Kleinen Höhe ist der mögliche Bau des Landes der Türöffner für die vollständige Nutzung eines Gebietes, das auch im aktuellen Regionalplan noch für Gewerbe vorgesehen ist.
Dass der Saal der evangelischen Gemeinde am Röttgen in Uellendahl jetzt so voll war, hatte wenig mit Hoffnung zu tun, vielmehr mit Trotz, Trauer und Unmut. Das Spiel ist verloren, glauben viele Unterstützer der Bürgerinitiative Kleine Höhe. Das Spiel ist verloren, und das Rathaus hatte gezinkte Karten.
Keine Transparenz, keine Antwort auf noch so drängende Fragen. Umweltschützer, in denen die Gewissheit wächst, gegen bürokratische Gefühlskühlschränke zu kämpfen. Bürger, die sich von ihren Vertretern im Stadtrat im Stich gelassen, ja, verraten fühlen. Das ist der Stoff, aus dem die Wutbürger sind. Diesen Menschen kommt es wie Hohn vor, wenn ein Sozialdezernent die Pläne der Stadt auf Lichtscheid mit dem Wohl Wuppertals begründen will: Wohnraum für Bürger, die Steuern zahlen und hier einkaufen.
Für die Anwohner der Kleinen Höhe sind solche Erklärungsversuche ein Schlag ins Gesicht, eine Geringschätzung. „Sind wir Bürger zweite Klasse“, rief eine Dame. Und: „Sind die da oben auf Lichtscheid etwas Besseres.“ Und: „Wir haben kein Vertrauen.“ Sie fühlen sich wie die Bauern im Schach, dem Spiel der Könige.
Diese Reaktionen zeigen die ganze Tragweite eines Plans, von dem nicht einmal sicher ist, ob er jemals umgesetzt werden kann, oder ob die Forensik nicht doch auf Lichtscheid gebaut wird.
Für die Idee, auf einer Fläche des Landes bauen zu können, hat das Rathaus seine Bürger aufeinandergehetzt. Hier die Leute auf Lichtscheid, denen das Hemd verständlicherweise näher ist als der Rock. Dort die Leute an er Kleinen Höhe, denen es, ebenso verständlich, nicht anders geht. Richtig miteinander reden können die Gruppen nicht mehr. So zumindest empfindet es Klaus Lawrenz von der Bürgerinitiative Kleine Höhe.
Lawrenz gehört zu den Motoren des Widerstandes, der sich auf die Fahne geschrieben hat, die immer noch als Gewerbegebiet vorgesehene Grünfläche Kleine Höhe zu retten. „Wissen Sie, gegen eine Forensik habe ich im Grunde gar nichts. Aber ich bin hier aufgewachsen, mein Vater hat schon um das Land gekämpft“, sagt er. Von Mucke und Kühn wollte er wissen, auf welcher Basis es zur Entscheidung des Rates zustande gekommen ist, Lichtscheid als Standort für die Forensik abzulehnen und die Kleine Höhe dafür vorzusehen.
Taugliche Antworten bekam er nicht. Dafür waren Mucke, Kühn und Jochen Braun vom Ressort Bauen der Stadtverwaltung auch die falschen Ansprechpartner. Sie sitzen nicht im Rat. Die dort sitzen und das Damoklesschwert über die Kleine Höhe hängten, waren nicht anwesend.